e m r k . a t
Die Zusatzprotokolle zur
Europäischen Menschenrechtskonvention ( E M R K ):
1. Zusatzprotokoll:
(Paris, 20.3.1952) CETS 009
Artikel 1 - Schutz des Eigentums
Artikel 2 - Recht auf Bildung
Artikel 3 - Recht auf freie Wahlen
Artikel 4 - Räumlicher Geltungsbereich
Artikel 5 - Verhältnis zur Konvention
Artikel 6 - Unterzeichnung und Ratifikation
In Österreich: BGBl. Nr. 210/1958 - in Kraft seit 3.9.1958
Zusatzprotokoll zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und
Grundfreiheiten
Abgeschlossen in Paris am 20. März 1952
Entschlossen, Maßnahmen zur kollektiven Sicherung gewisser Rechte
und Freiheiten außer denjenigen zu treffen, die bereits im Abschnitt
I der am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten Konvention zum
Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (nachstehend als
"Konvention" bezeichnet) berücksichtigt sind, vereinbaren die
unterzeichneten Regierungen, die Mitglieder des Europarates sind,
folgendes:
Art. 1 - Schutz des Eigentums
Abs.1: Jede natürliche oder juristische Person hat ein Recht auf
Achtung ihres Eigentums. Niemandem darf sein Eigentum entzogen
werden, es sei denn, dass das öffentliche Interesse es verlangt, und
nur unter den durch Gesetz und durch die allgemeinen Grundsätze des
Völkerrechts vorgesehenen Bedingungen.
Abs.2: Die vorstehenden Bestimmungen beeinträchtigen jedoch in
keiner Weise das Recht des Staates, diejenigen Gesetze anzuwenden,
die er für die Regelung der Benutzung des Eigentums in
Übereinstimmung mit dem Allgemeininteresse oder zur Sicherung der
Zahlung der Steuern, sonstiger Abgaben oder von Geldstrafen für
erforderlich hält.
Art. 2 - Recht auf Bildung
Das Recht auf Bildung darf niemandem verwehrt werden. Der Staat hat
bei Ausübung der von ihm auf dem Gebiete der Erziehung und des
Unterrichts übernommenen Aufgaben das Recht der Eltern zu achten,
die Erziehung und den Unterricht entsprechend ihren eigenen
religiösen und weltanschaulichen Überzeugungen sicherzustellen.
Art. 3 - Recht auf freie Wahlen
Die Hohen Vertragschließenden Teile verpflichten sich, in
angemessenen Zeitabständen freie und geheime Wahlen unter
Bedingungen abzuhalten, die die freie Äußerung der Meinung des
Volkes bei der Wahl der gesetzgebenden Organe gewährleisten.
Art. 4 - Räumlicher Geltungsbereich
Abs.1: Jeder der Hohen Vertragschließenden Teile kann im Zeitpunkt
der Unterzeichnung der Ratifikation oder in der Folge zu jedem
anderen Zeitpunkt an den Generalsekretär des Europarates eine
Erklärung darüber richten, in welchem Umfang er sich zur Anwendung
der Bestimmungen dieses Protokolls auf die in dieser Erklärung
angegebenen Gebiete, für deren internationale Beziehungen er
verantwortlich ist, verpflichtet.
Abs.2: Jeder der Hohen Vertragschließenden Teile, der eine Erklärung
gemäß dem vorstehenden Absatz abgegeben hat, kann von Zeit zu Zeit
eine weitere Erklärung abgeben, die den Inhalt einer früheren
Erklärung ändert oder die Anwendung der Bestimmungen dieses
Protokolls auf irgend einem Gebiet beendet.
Abs.3: Eine im Einklang mit diesem Artikel abgegebene Erklärung gilt
als eine gemäß Art. 56 Abs. 1 der Konvention abgegebene Erklärung.
Art. 5 - Verhältnis zur Konvention
Die Hohen Vertragschließenden Teile betrachten die Bestimmungen der
Art. 1, 2, 3 und 4 dieses Protokolls als Zusatzartikel zur
Konvention; alle Vorschriften der Konvention sind dementsprechend
anzuwenden.
Art. 6 - Unterzeichnung und Ratifikation
Abs.1: Dieses Protokoll steht den Mitgliedern des Europarates, die
die Konvention unterzeichnet haben, zur Unterzeichnung offen; es
wird gleichzeitig mit der Konvention oder zu einem späteren
Zeitpunkt ratifiziert. Es tritt nach der Hinterlegung von zehn
Ratifikationsurkunden in Kraft. Für jeden Unterzeichnerstaat, dessen
Ratifikation später erfolgt, tritt das Protokoll am Tage der
Hinterlegung seiner Ratifikationsurkunde in Kraft.
Abs.2: Die Ratifikationsurkunden werden beim Generalsekretär des
Europarates hinterlegt, der allen Mitgliedern die Namen der Staaten,
die das Protokoll ratifiziert haben, mitteilt.
Geschehen zu Paris am 20. März 1952 in englischer und französischer
Sprache, wobei die beiden Texte in gleicher Weise authentisch sind,
in einer einzigen Ausfertigung, die in den Archiven des Europarates
hinterlegt wird. Der Generalsekretär wird allen Signatarstaaten
beglaubigte Abschriften übermitteln.
Österreichs Erklärung zu diesem Protokoll:
Nachdem die Konvention zum Schutze der Menschenrechte und
Grundfreiheiten vom 4. November 1950 und das Zusatzprotokoll zu
dieser Konvention vom 20. März 1952, welche also lauten: ...
die verfassungsmäßige Genehmigung des Nationalrates erhalten haben,
erklärt der Bundespräsident diese Konvention unter dem Vorbehalt,
dass
1. die Bestimmungen des Artikels 5 der Konvention mit der Maßgabe
angewendet werden, dass die in den Verwaltungsverfahrensgesetzen,
BGBl. Nr. 172/1950, vorgesehenen Maßnahmen des Freiheitsentzuges
unter der in der österreichischen Bundesverfassung vorgesehenen
nachprüfenden Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof oder den
Verfassungsgerichtshof unberührt bleiben;
2. die Bestimmungen des Artikels 6 der Konvention mit der Maßgabe
angewendet werden, dass die in Artikel 90 des
Bundes-Verfassungsgesetzes in der Fassung von 1929 festgelegten
Grundsätze über die Öffentlichkeit im gerichtlichen Verfahren in
keiner Weise beeinträchtigt werden, und von dem Wunsch geleitet,
jede Unsicherheit betreffend die Anwendung des Artikels 1 des
Zusatzprotokolls im Zusammenhang mit dem Staatsvertrag betreffend
die Wiederherstellung eines unabhängigen und demokratischen
Österreich vom 15. Mai 1955 zu
vermeiden, das Zusatzprotokoll mit dem Vorbehalt, dass die
Bestimmungen des Teiles IV "Aus dem Krieg herrührende Ansprüche" und
des Teiles V "Eigentum, Rechte und Interessen" des zitierten
Staatsvertrages unberührt bleiben, für ratifiziert und verspricht im
Namen der Republik Österreich die gewissenhafte Erfüllung der in
dieser Konvention samt Zusatzprotokoll enthaltenen Bestimmungen.
Zu Urkund dessen ist die vorliegende Ratifikationsurkunde vom
Bundespräsidenten unterzeichnet, vom Bundeskanzler, vom
Bundesminister für Inneres, vom Bundesminister für Justiz, vom
Bundesminister für Unterricht, vom Bundesminister für soziale
Verwaltung, vom Bundesminister für Finanzen, vom Bundesminister für
Land- und Forstwirtschaft, vom Bundesminister für Handel und
Wiederaufbau, vom Bundesminister für Verkehr und
Elektrizitätswirtschaft, vom Bundesminister für Landesverteidigung
und vom Bundesminister für die Auswärtigen Angelegenheiten
gegengezeichnet und mit dem Staatssiegel der Republik Österreich
versehen worden.
Geschehen zu Wien, den 5. August 1958.
Die vorliegende Konvention und das Zusatzprotokoll traten gemäß
Artikel 66 der Konvention und gemäß Artikel 6 des Zusatzprotokolls
am 3. September 1958 für Österreich in Kraft.
Ratifikationsstand am 7.12.2013: 45
Mitgliedstaaten (es fehlen: Monaco und die Schweiz)
Zusatzprotokolle |
E M R K |
RA Dr. Postlmayr |
A-5230 Mattighofen |
Protokoll Nr.4 zur
Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten, durch
das gewisse Rechte und Grundfreiheiten gewährleistet werden, die
nicht bereits in der Konvention oder im ersten Zusatzprotokoll
enthalten sind
(Straßburg, 16.9.1963) CETS 46
Artikel 1: Verbot der Freiheitsentziehung wegen Schulden
Niemandem darf die Freiheit allein deshalb entzogen werden, weil er
nicht in der Lage ist, eine vertragliche Verpflichtung zu erfüllen.
(Anm.: so genanntes Verbot der exekutiven Schuldhaft)
Artikel 2: Freizügigkeit
Jedermann, die sich rechtmäßig im Hoheitsgebiet eines Staates
aufhält, hat das Recht, sich dort frei zu bewegen und seinen
Wohnsitz frei zu wählen.
Jedermann steht es frei, jedes Land einschließlich des eigenen, zu
verlassen.
Die Ausübung dieser Rechte darf keinen Einschränkungen unterworfen
werden als denen, die gesetzlich vorgesehen und in einer
demokratischen Gesellschaft für die nationale oder öffentliche
Sicherheit, zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung, zur
Verhütung von Straftaten, zum Schutz der Gesundheit oder der Moral
oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig sind.
Die in Absatz 1 anerkannten Rechte können ferner für bestimmte
Gebiete Einschränkungen unterworfen werden, die gesetzlich
vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft durch das
öffentliche Interesse gerechtfertigt sind.
Artikel 3: Verbot der Ausweisung eigener Staatsangehöriger
Niemand darf durch eine Einzel- oder Kollektivmaßnahme aus dem
Hoheitsgebiet des Staates ausgewiesen werden, dessen Angehöriger er
ist.
Niemandem darf das Recht entzogen werden, in das Hoheitsgebiet des
Staates einzureisen, dessen Angehöriger er ist.
Artikel 4: Verbot der Kollektivausweisung von Ausländern
Kollektivausweisungen von Fremden sind nicht zulässig
Artikel 5 Räumlicher Geltungsbereich
Artikel 6 Verhältnis zur Konvention
Artikel 7 Unterzeichnung und Ratifikation
In Österreich: BGBl. Nr. 434/1969 idF BGBl. III Nr. 30/1998 (11. ZP)
Ratifikationsstand am 7.12.2013: 43
Mitgliedstaaten (es fehlen: Griechenland, Schweiz, Türkei und
UK)
e m r k . a t
Protokoll Nr. 6 zur
Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über
die Abschaffung der Todesstrafe
(Straßburg am 28.4.1983) CETS 114
Artikel 1: Abschaffung der Todesstrafe
Die Todesstrafe ist abgeschafft. Niemand darf zu dieser Strafe
verurteilt oder hingerichtet werden.
Artikel 2: Todesstrafe in Kriegszeiten
Ein Staat kann in seinem Recht die Todesstrafe für Taten vorsehen,
die in Kriegszeiten oder bei unmittelbarer Kriegsgefahr begangen
werden; diese Strafe darf nur in den Fällen, die im Recht vorgesehen
sind, und in Übereinstimmung mit dessen Bestimmungen angewendet
werden. Der Staat übermittelt dem Generalsekretär des Europarats die
einschlägigen Rechtsvorschriften.
Artikel 3: Verbot des Außerkraftsetzens
Von diesem Protokoll darf nicht nach Artikel 15 der Konvention
abgewichen werden.
Artikel 4: Verbot von Vorbehalten
Vorbehalte nach Artikel 57 der Konvention zu Bestimmungen dieses
Protokolls sind nicht zulässig.
Art.5: Räumlicher Geltungsbereich
Abs.1: Jeder Staat kann bei der Unterzeichnung oder bei der
Hinterlegung der Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunde
einzelne oder mehrere Hoheitsgebiete bezeichnen, auf die dieses
Protokoll Anwendung findet.
Abs.2: Jeder Staat kann jederzeit danach durch eine an den
Generalsekretär des Europarates gerichtete Erklärung dieses
Protokoll auf jedes weitere in der Erklärung bezeichnete
Hoheitsgebiet erstrecken. Das Protokoll tritt für dieses
Hoheitsgebiet am ersten Tag des Monats in Kraft, der dem Eingang der
Erklärung durch den Generalsekretär folgt.
Abs.3: Jede gemäß den zwei vorangegangenen Absätzen abgegebene
Erklärung kann durch eine Notifikation an den Generalsekretär
hinsichtlich jenes Hoheitsgebietes, das in einer solchen Erklärung
bezeichnet ist, zurückgenommen werden. Die Zurücknahme wird mit dem
ersten Tag des dem Eingang einer solchen Notifikation dem
Generalsekretär folgenden Monates wirksam.
Art. 6: Verhältnis zur Konvention
Die Vertragsstaaten betrachten die Artikel 1 bis 5 dieses Protokolls
als Zusatzartikel zur Konvention, alle Bestimmungen der Konvention
sind dementsprechend anzuwenden.
Art. 7: Unterzeichnung und Ratifikation
Dieses Protokoll liegt für die Mitgliedstaaten des Europarates, die
die Konvention unterzeichnet haben, zur Unterzeichnung auf. Es
bedarf der Ratifikation, Annahme oder Genehmigung. Ein Mitgliedstaat
des Europarates kann dieses Protokoll nur ratifizieren, annehmen
oder genehmigen, wenn gleichzeitig oder früher die Konvention
ratifiziert wurde. Die Ratifikations-, Annahme- oder
Genehmigungsurkunden werden beim Generalsekretär des Europarates
hinterlegt.
Art. 8: Inkrafttreten
Abs.1: Dieses Protokoll tritt am ersten Tag des Monats in Kraft, der
auf den Tag folgt, an dem fünf Mitgliedstaaten des Europarates nach
Artikel 7 ihre Zustimmung ausgedrückt haben, durch das Protokoll
gebunden zu sein.
Abs.2: Für jeden Mitgliedstaat, der später seine Zustimmung
ausdrückt, durch das Protokoll gebunden zu sein, tritt es am ersten
Tag des Monats in Kraft, der auf die Hinterlegung der
Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunde folgt.
Art. 9: Aufgaben des Verwahrers
Der Generalsekretär des Europarates notifiziert den Mitgliedstaaten
des Europarates
a jede Unterzeichnung;
b jede Hinterlegung einer Ratifikations-, Annahme- oder
Genehmigungsurkunde;
c jeden Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Protokolls nach den
Artikeln 5 und 8;
d jeden anderen Rechtsakt, jede Notifikation oder Mitteilung, die
sich auf dieses Protokoll bezieht.
Zu Urkund dessen haben die hierzu gehörig befugten Unterzeichneten
dieses Protokoll unterschrieben.
Geschehen zu Strassburg am 28. April 1983 in englischer und
französischer Sprache, wobei jeder Wortlaut gleichermaßen
authentisch ist, in einer Urschrift, die in den Archiven des
Europarates hinterlegt wird. Der Generalsekretär des Europarates
übermittelt allen Mitgliedstaaten des Europarates beglaubigte
Abschriften.
In Österreich: BGBl. Nr. 138/1985 idF BGBl. III Nr. 30/1998
Ratifikationsstand am 7.12.2013: alle
Mitgliedstaaten außer Russland
Siehe dazu aber auch das 13. ZP betreffend gänzliche Abschaffung der
Todesstrafe
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Protokoll Nr.7 zur
Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten
(Straßburg, 22.11.1984) CETS 117
Artikel 1:
Verfahrensrechtliche Schutzvorschriften betreffend Ausweisung von
Ausländern
Abs.1 Eine ausländische Person, die sich rechtmäßig im Hoheitsgebiet
eines Staates aufhält, darf aus diesem nur aufgrund einer rechtmäßig
ergangenen Entscheidung ausgewiesen werden; ihr muss gestattet
werden,
a) Gründe vorzubringen, die gegen ihre Ausweisung sprechen,
b) ihren Fall prüfen zu lassen und
c) sich zu diesem Zweck vor der zuständigen Behörde oder einer oder
mehreren von dieser Behörde bestimmten Personen vertreten zu lassen.
Abs.2 Eine ausländische Peron kann ausgewiesen werden, bevor sie
ihre Rechte nach Absatz 1 Buchstaben a, b und c ausgeübt hat, wenn
eine solche Ausweisung im Interesse der öffentlichen Ordnung
erforderlich ist oder aus Gründen der nationalen Sicherheit erfolgt.
Artikel 2: Rechtsmittel in Strafsachen
Abs.1 Wer von einem Gericht wegen einer Straftat verurteilt worden
ist, hat das Recht, das Urteil von einem übergeordneten Gericht
nachprüfen zu lassen. Die Ausübung dieses Rechts und die Gründe, aus
denen es ausgeübt werden kann, richten sich nach dem Gesetz.
Abs.2 Ausnahmen von diesem Recht sind für Straftaten geringfügiger
Art, wie sie durch Gesetz näher bestimmt sind, oder in Fällen
möglich, in denen das Verfahren gegen eine Person in erster Instanz
vor dem obersten Gericht stattgefunden hat oder in denen eine Person
nach einem gegen ihren Freispruch eingelegten Rechtsmittel
verurteilt worden ist.
Österreichischer Vorbehalt zu dieser Bestimmung:
„als übergeordnete Gerichte im Sinne des Art. 2 Abs.1 sind auch der
Verwaltungs- und der Verfassungsgerichtshof anzusehen“;
Der EGMR hat diesen Vorbehalt bislang als zulässig angesehen (vgl.
zuletzt etwa dessen Urteil vom 7.12.2006, BeschwNr. 37.301/03 im
Fall Hauser-Sporn gegen Österreich*: es deutet nichts darauf hin,
dass die Überprüfungsbefugnis des VwGH im abgeführten
Verwaltungsstrafverfahren im Hinblick auf Art.2 des 7. ZP
unzureichend gewesen wäre).
Artikel 3: Recht auf Entschädigung bei Fehlurteilen
Ist jemand wegen einer strafbaren Handlung rechtskräftig verurteilt
und ist das Urteil später aufgehoben oder die Person begnadigt
worden, weil eine neue oder eine neu bekannt gewordene Tatsache
schlüssig beweist, dass ein Fehlurteil vorlag, so muss sie, wenn sie
aufgrund eines solchen Urteils eine Strafe verbüßt hat, entsprechend
dem Gesetz oder der Übung des betreffenden Staates entschädigt
werden, sofern nicht nachgewiesen wird, dass das nicht rechtzeitige
Bekanntwerden der betreffenden Tatsache ganz oder teilweise ihr
zuzuschreiben ist.
Artikel 4:
Recht, wegen derselben Sache nicht zweimal vor Gericht gestellt oder
bestraft zu werden ( „ne bis in idem“ -
Doppelbestrafungsverbot)
Abs.1: Niemand darf wegen einer Straftat, wegen der er
bereits nach dem Gesetz und dem Strafverfahrensrecht eines Staates
rechtskräftig verurteilt oder freigesprochen worden ist, in einem
Strafverfahren desselben Staates erneut verfolgt oder bestraft
werden.
(Anm.: Doppelbestrafungs- und Doppelverfolgungsverbot)
Abs.2: Absatz 1 schließt die Wiederaufnahme des Verfahrens
nach dem Gesetz und dem Strafverfahrensrecht des betreffenden
Staates nicht aus, falls neue oder neu bekannt gewordene Tatsachen
vorliegen oder das vorausgegangene Verfahren schwere, den Ausgang
des Verfahrens berührende Mängel aufweist.
Abs.3: Dieser Artikel darf nicht nach Artikel 15 der
Konvention außer Kraft gesetzt werden.
Artikel 5: Gleichberechtigung der Ehegatten
Hinsichtlich der Eheschließung, während der Ehe und bei Auflösung
der Ehe haben Ehegatten untereinander und in ihren Beziehungen zu
ihren Kindern gleiche Rechte und Pflichten privatrechtlicher Art.
Dieser Artikel verwehrt es den Staaten nicht, die im Interesse der
Kinder notwendigen Maßnahmen zu treffen.
Artikel 6: Räumlicher Geltungsbereich
Artikel 7: Verhältnis zur Konvention
Artikel 8: Unterzeichnung und Ratifikation
Artikel 9: Inkrafttreten
Artikel 10: Aufgaben des Verwahrers
In Österreich: BGBl. Nr. 628/1988 idF BGBl. III Nr. 30/1998
Bedingung: 7 Ratifikationen
Ratifikationsstand am 7.12.2013: 43
Mitgliedstaaten (es fehlen: BRD, Niederlande, Türkei und UK)
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PROTOKOLL Nr. 12 zur
Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über
das Diskriminierungsverbot
(Rom am 4.11.2000) CETS 177
Die Mitgliedstaaten des Europarats, die dieses Protokoll
unterzeichnen, eingedenk des grundlegenden Prinzips, nach dem alle
Menschen vor dem Gesetz gleich sind und Anspruch auf gleichen Schutz
durch das Gesetz haben, entschlossen, weitere Maßnahmen zu treffen,
um die Gleichberechtigung aller Menschen durch die kollektive
Durchsetzung eines allgemeinen Diskriminierungsverbots durch die am
4. November 1950 in Rom unterzeichnete Konvention zum Schutze der
Menschenrechte und Grundfreiheiten (im Folgenden als „Konvention“
bezeichnet) zu fördern, in Bekräftigung der Tatsache, dass der
Grundsatz der Nichtdiskriminierung die Vertragsstaaten nicht daran
hindert, Maßnahmen zur Förderung der vollständigen und wirksamen
Gleichberechtigung zu treffen, sofern es eine sachliche und
angemessene Rechtfertigung für diese Maßnahmen gibt, haben Folgendes
vereinbart:
Artikel 1 – Allgemeines Diskriminierungsverbot
Abs.1: Der Genuss eines jeden gesetzlich niedergelegten Rechtes ist
ohne Diskriminierung insbesondere wegen des Geschlechts, der Rasse,
der Hautfarbe, der Sprache, der Religion, der politischen oder
sonstigen Anschauung, der nationalen oder sozialen Herkunft, der
Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit, des Vermögens, der
Geburt oder eines sonstigen Status zu gewährleisten.
Abs.2: Niemand darf von einer Behörde diskriminiert werden,
insbesondere nicht aus einem der in Absatz 1 genannten Gründe.
Artikel 2 – Räumlicher Geltungsbereich
Abs.1: Jeder Staat kann bei der Unterzeichnung oder bei der
Hinterlegung seiner Ratifikations-, Annahme- oder
Genehmigungsurkunde einzelne oder mehrere Hoheitsgebiete bezeichnen,
auf die dieses Protokoll Anwendung findet.
Abs.2: Jeder Staat kann jederzeit danach durch eine an den
Generalsekretär des Europarats gerichtete Erklärung die Anwendung
dieses Protokolls auf jedes weitere in der Erklärung bezeichnete
Hoheitsgebiet erstrecken. Das Protokoll tritt für dieses
Hoheitsgebiet am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf einen
Zeitabschnitt von drei Monaten nach Eingang der Erklärung beim
Generalsekretär folgt.
Abs.3: Jede nach den Absätzen 1 und .2 abgegebene Erklärung kann in
Bezug auf jedes darin bezeichnete Hoheitsgebiet durch eine an den
Generalsekretär gerichtete Notifikation zurückgenommen oder geändert
werden. Die Rücknahme oder Änderung wird am ersten Tag des Monats
wirksam, der auf einen Zeitabschnitt von drei Monaten nach Eingang
der Notifikation beim Generalsekretär folgt.
Abs.4: Eine nach diesem Artikel abgegebene Erklärung gilt als
Erklärung im Sinne des Artikels 56 Absatz 1 der Konvention.
Abs.5: Jeder Staat, der eine Erklärung nach Absatz 1 oder 2
abgegeben hat, kann jederzeit danach für eines oder mehrere der in
der Erklärung bezeichneten Hoheitsgebiete erklären, dass er die
Zuständigkeit des Gerichtshofs, Beschwerden von natürlichen
Personen, nichtstaatlichen Organisationen oder Personengruppen nach
Artikel 34 der Konvention entgegenzunehmen, für Artikel 1 dieses
Protokolls annimmt.
Artikel 3 – Verhältnis zur Konvention
Die Vertragsstaaten betrachten die Artikel 1 und 2 dieses Protokolls
als Zusatzartikel zur Konvention; alle Bestimmungen der Konvention
sind dementsprechend anzuwenden.
Artikel 4 – Unterzeichnung und Ratifikation
Dieses Protokoll liegt für die Mitgliedstaaten des Europarats,
welche die Konvention unterzeichnet haben, zur Unterzeichnung auf.
Es bedarf der Ratifikation, Annahme oder Genehmigung. Ein
Mitgliedstaat des Europarats kann dieses Protokoll nur ratifizieren,
annehmen oder genehmigen, wenn er die Konvention gleichzeitig
ratifiziert oder bereits zu einem früheren Zeitpunkt ratifiziert
hat. Die Ratifikation-, Annahme- oder Genehmigungsurkunden werden
beim Generalsekretär des Europarats hinterlegt.
Artikel 5 – Inkrafttreten
Abs.1: Dieses Protokoll tritt am ersten Tag des Monats in Kraft, der
auf einen Zeitabschnitt von drei Monaten nach dem Tag folgt, an dem
zehn Mitgliedstaaten des Europarats nach Artikel 4 ihre Zustimmung
ausgedrückt haben, durch das Protokoll gebunden zu sein.
Abs.2: Für jeden Mitgliedstaat, der später seine Zustimmung
ausdrückt, durch dieses Protokoll gebunden zu sein, tritt es am
ersten Tag des Monats in Kraft, der auf einen Zeitabschnitt von drei
Monaten nach der Hinterlegung der Ratifikations-, Annahme- oder
Genehmigungsurkunde folgt.
Artikel 6 – Aufgaben des Verwahrers
Der Generalsekretär des Europarats notifiziert allen Mitgliedstaaten
des Europarats
a) jede Unterzeichnung;
b) jede Hinterlegung einer Ratifikations-, Annahme- oder
Genehmigungsurkunde;
c) jeden Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Protokolls nach den
Artikeln 2 und 5;
d) jede andere Handlung, Notifikation oder Mitteilung im
Zusammenhang mit diesem Protokoll.
Zu Urkund dessen haben die hierzu gehörig befugten Unterzeichneten
dieses Protokoll unterschrieben.
Geschehen zu Rom am 4. November 2000 in englischer und französischer
Sprache, wobei jeder Wortlaut gleichermaßen verbindlich1 ist, in
einer Urschrift, die im Archiv des Europarats hinterlegt wird. Der
Generalsekretär des Europarats übermittelt allen Mitgliedstaaten des
Europarats beglaubigte Abschriften.
Das 12. ZP zur EMRK ist am 1.4.2005 in Kraft getreten.
Deren zentrale Bestimmung ist der allgemeine Gleichheitssatz.
Diskriminierungsverbot hinsichtlich jener Gründe, welche in Art. 14
EMRK genannt sind.
Warum war dieses Protokoll nötig ?
Der grundlegende Unterschied zwischen diesem Zusatzprotokoll und
Art. 14 EMRK liegt darin, dass dieses die so genannten Akzessorietät
nicht verlangt, das heißt, die Verletzung eines Konventionsrechtes
ist keine Voraussetzung für die Anwendbarkeit des
Diskriminierungsverbots.
Damit wird der Anwendungsbereich des Diskriminierungsverbots
erheblich erweitert.
Darin liegt aber gleichzeitig das Problem dieses neuen
Menschenrechts, was zu einer besonderen Zurückhaltung der
Mitgliedstaaten bei der Ratifizierung (Stand: siehe unten) führt.
Der EGRM erhält damit nach der herrschenden Meinung eine Funktion,
wie sie den nationalen Verfassungsgerichten zukommt.
Das Problem der Drittwirkung des Rechts ist ebenfalls unklar,
wenngleich die erläuternden Bemerkungen festhalten, dass die
Mitgliedstaaten nicht verpflichtet werden, Gesetze zu erlassen,
welche auch zwischen Privaten jeder Art der Diskriminierung
verbieten.
Die Vertragsstaaten befürchten zum Beispiel, dass der EGMR im
Hinblick auf seine Rechtsprechung zu den positiven (Schutz)Pflichten
diesen Erläuternden Bemerkungen nicht folgen könnte.
Darunter versteht die Rechtsprechung die staatliche Pflicht,
Verletzungen Privater von Rechtspositionen Dritter
(Grundrechtsberechtigter) zu vermeiden (vgl. etwa Art. 1 und 2 EMRK).
Österreich, Deutschland und die Schweiz haben das 12. ZP noch nicht
ratifiziert !
Bisher ratifiziert von:
Albanien, Armenien, Bosnien-Herzegowina, Finnland, Georgien,
Kroatien, Mazedonien, Holland, San Marino, Serbien und Zypern.
(Daher am 1.4.2005 in Kraft getreten – 10 Ratifikationsurkunden).
e m r k . a t
PROTOKOLL Nr. 13 zur Konvention zum
Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, bezüglich der
Abschaffung der Todesstrafe unter allen Umständen
(Wilna, 3.5.2002) CETS 187
Die Mitgliedstaaten des Europarats, die dieses Protokoll
unterzeichnen, in der Überzeugung, dass in einer demokratischen
Gesellschaft das Recht jedes Menschen auf Leben einen Grundwert
darstellt und die Abschaffung der Todesstrafe für den Schutz dieses
Rechts und für die volle Anerkennung der allen Menschen
innewohnenden Würde von wesentlicher Bedeutung ist; in dem Wunsch,
den Schutz des Rechts auf Leben, der durch die am 4. November 1950
in Rom unterzeichnete Konvention zum Schutz der Menschenrechte und
Grundfreiheiten (im Folgenden als „Konvention“ bezeichnet)
gewährleistet wird, zu stärken; in Anbetracht dessen, dass das
Protokoll Nr. 6 zur Konvention über die Abschaffung der Todesstrafe,
das am 28. April 1983 in Straßburg unterzeichnet wurde, die
Todesstrafe nicht für Taten ausschließt, die in Kriegszeiten oder
bei unmittelbarer Kriegsgefahr begangen werden; entschlossen, den
letzten Schritt zu tun, um die Todesstrafe vollständig abzuschaffen,
haben Folgendes vereinbart:
Artikel 1 – Abschaffung der Todesstrafe
Die Todesstrafe ist abgeschafft. Niemand darf zu dieser Strafe
verurteilt oder hingerichtet werden.
Artikel 2 – Verbot des Abweichens
Von diesem Protokoll darf nicht nach Artikel 15 der Konvention
abgewichen werden.
Artikel 3 – Verbot von Vorbehalten
Vorbehalte nach Artikel 57 der Konvention zu diesem Protokoll sind
nicht zulässig.
Artikel 4 – Räumlicher Geltungsbereich
Abs.1: Jeder Staat kann bei der Unterzeichnung oder bei der
Hinterlegung der Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunde
einzelne oder mehrere Hoheitsgebiete bezeichnen, auf die dieses
Protokoll Anwendung findet.
Abs.2: Jeder Staat kann jederzeit danach durch eine an den
Generalsekretär des Europarats gerichtete Erklärung die Anwendung
dieses Protokolls auf jedes weitere in der Erklärung bezeichnete
Hoheitsgebiet erstrecken. Das Protokoll tritt für dieses
Hoheitsgebiet am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf einen
Zeitabschnitt von drei Monaten nach Eingang der Erklärung beim
Generalsekretär folgt.
Abs.3: Jede nach den Absätzen 1 und 2 abgegebene Erklärung kann in
Bezug auf jedes darin bezeichnete Hoheitsgebiet durch eine an den
Generalsekretär gerichtete Notifikation zurückgenommen oder geändert
werden. Die Rücknahme oder Änderung wird am ersten Tag des Monats
wirksam, der auf einen Zeitabschnitt von drei Monaten nach Eingang
der Notifikation beim Generalsekretär folgt.
Artikel 5 – Verhältnis zur Konvention
Die Vertragsstaaten betrachten die Artikel 1 bis 4 dieses Protokolls
als Zusatzartikel zur Konvention; alle Bestimmungen der Konvention
sind dementsprechend anzuwenden.
Artikel 6 – Unterzeichnung und Ratifikation
Dieses Protokoll liegt für die Mitgliedstaaten des Europarats,
welche die Konvention unterzeichnet haben, zur Unterzeichnung auf.
Es bedarf der Ratifikation, Annahme oder Genehmigung. Ein
Mitgliedstaat des Europarats kann dieses Protokoll nur ratifizieren,
annehmen oder genehmigen, wenn er die Konvention gleichzeitig
ratifiziert oder bereits zu einem früheren Zeitpunkt ratifiziert
hat. Die Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunden werden
beim Generalsekretär des Europarats hinterlegt.
Artikel 7 – Inkrafttreten
Abs.1: Dieses Protokoll tritt am ersten Tag des Monats in Kraft, der
auf einen Zeitabschnitt von drei Monaten nach dem Tag folgt, an dem
zehn Mitgliedstaaten des Europarats nach Artikel 6 ihre Zustimmung
ausgedrückt haben, durch das Protokoll gebunden zu sein.
Abs.2: Für jeden Mitgliedstaat, der später seine Zustimmung
ausdrückt, durch dieses Protokoll gebunden zu sein, tritt es am
ersten Tag des Monats in Kraft, der auf einen Zeitabschnitt von drei
Monaten nach der Hinterlegung der Ratifikations-, Annahme- oder
Genehmigungsurkunde folgt.
Artikel 8 – Aufgaben des Verwahrers
Der Generalsekretär des Europarats notifiziert allen Mitgliedstaaten
des Europarats
a) jede Unterzeichnung;
b) jede Hinterlegung einer Ratifikations-, Annahme- oder
Genehmigungsurkunde;
c) jeden Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Protokolls nach Artikel
4 und 7;
d) jede andere Handlung, Notifikation oder Mitteilung im
Zusammenhang mit diesem Protokoll.
Zu Urkund dessen haben die hierzu gehörig befugten Unterzeichneten
dieses Protokoll unterschrieben.
Geschehen zu Wilna am 3. Mai 2002 in englischer und französischer
Sprache, wobei jeder Wortlaut gleichermaßen verbindlich ist, in
einer Urschrift, die im Archiv des Europarats hinterlegt wird. Der
Generalsekretär des Europarats übermittelt allen Mitgliedstaaten des
Europarats beglaubigte Abschriften.
Gesetzestext in Österreich (Verfassungsrang): BGBl. III Nr. 22/2005
(idF BGBl. III Nr. 53 und 127/2005 -
Verlautbarungsfehlerberichtigungen)
Zusatzprotokolle |
E M R K |
RA Dr. Postlmayr |
A-5230 Mattighofen |
PROTOKOLL Nr. 14 zur
Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten
(Straßburg, 13.5.2004) CETS 194
Gesetzestext in Österreich (Verfassungsrang): BGBl. III Nr.
47/2010
PROTOKOLL Nr. 14b zur
Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten
(Straßburg, 27.5.2009) CETS 204
Bedingung: 3 Ratifikationen; Ergebnis:
12 Ratifikationen
außer Kraft seit 1.6.2010
PROTOKOLL Nr. 15 zur
Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten
(Straßburg, 24.6.2013) CETS 213
Ziel: Steigerung der Effizienz des Gerichtshofs
Subsidiaritätsprinzip, Spielraum der
Mitgliedstaaten bei der Auslegung der EMRK jetzt in deren Präambel
Art.21: Richter dürfen bei ihrer Wahl nicht älter
als 65 Jahre sein
Art. 30 : kein Einspruch mehr gegen den Beschluss
einer Kammer, die Sache zur Entscheidung an die Große Kammer
anzugeben
Art. 35 Abs.1 : Beschwerdefrist: vier statt sechs
Monate
Art. 35 Abs.3 lit. b : erheblicher Nachteil muss
vorliegen, damit die Beschwerde in der Sache geprüft wird
Sie kann nun auch dann als unzulässig erklärt
werden, wenn sie bislang noch von keinem innerstaatlichen Gericht
gebührend geprüft wurde
Ratifikationsstand am 17.9.2017: 35
(auch BRD, Schweiz und Liechtenstein; Österreich: BGBl. I Nr.
112/2017 - Genehmigung des Protokolls
und Erklärung zum Verfassungsgesetz).
n o c h n i c h t i n K r a f t
PROTOKOLL Nr. 16 zur
Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten
(Straßburg, 2.10.2013) CETS 214
die innerstaatlichen Höchstgerichte und Tribunale
können beim EGMR ein Rechtsgutachten über die Auslegung der EMRK und
ihrer ZP beantragen
Bedingung: 10 Ratifikationen
Ratifikationen am 17.9.2017: 8 (Albanien,
Armenien, Estland, Finnland, Georgien, Litauen, San Marino und
Slowenien)
n o c h n i c h t i n K r a f t
Europäischer
Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) - Verfahrensordnung
in Österreich:
BGBl. III Nr. 19/2007 vom 21.2.2007 (in der Fassung
BGBl. III Nr. 43/2009 vom 15.5.2009)
Die Kundmachung der gemäß
Artikel 26 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und
Grundfreiheiten vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte
erlassenen Verfahrensordnung vom 4. November 1998 (BGBl. III
Nr. 13/2000) erfolgt in der Fassung der Beschlüsse des Plenums des
Gerichtshofes vom 17. Juni und 8. Juli 2002, vom 7. Juli 2003, vom
13. Dezember 2004, vom 4. Juli 2005, vom 7. November 2005 und vom
29. Mai 2006.
Die Zahl
neben dem Text bezeichnet den jeweiligen Paragraphen
Artikel 1: Begriffsbestimmungen
Titel I
Organisation und Arbeitsweise des
Gerichtshofs
Kapitel I - Die Richter
Artikel 1: Berechnung der Amtszeit
2
Artikel 1: Eid oder feierliche
Erklärung 3
Artikel 1: Unvereinbarkeit 4
Artikel 1: Rangordnung 5
Artikel 1: Rücktritt 6
Artikel 1: Entlassung 7
Kapitel II
Präsidialämter des Gerichtshofs und
Rolle des Präsidiums
Wahl des Präsidenten und der
Vizepräsidenten des Gerichtshofs sowie
der Präsidenten und Vizepräsidenten
der Sektionen 8
Aufgaben des Präsidenten des
Gerichtshofs 9
Rolle des Präsidiums 9a
Aufgaben der Vizepräsidenten des
Gerichtshofs 10
Vertretung des Präsidenten und der
Vizepräsidenten des Gerichtshofs 11
Präsidenten der Sektionen und
Kammern 12
Ausschluss vom Vorsitz 13
Ausgewogene Vertretung der
Geschlechter 14
Kapitel III
Die Kanzlei
Wahl des Kanzlers 15
Wahl der Stellvertretenden Kanzler
16
Aufgaben des Kanzlers 17
Organisation der Kanzlei 18
Kapitel IV
Die Arbeitsweise des Gerichtshofs
Sitz des Gerichtshofs 19
Sitzungen des Plenums 20
Andere Sitzungen des Gerichtshofs
21
Beratungen 22
Abstimmungen 23
Entscheidung durch stillschweigende
Zustimmung 23a
Kapitel V
Zusammensetzung des Gerichtshofs
Zusammensetzung der Großen Kammer
24
Bildung der Sektionen 25
Bildung der Kammern 26
Komitees 27
Verhinderung, Ablehnung,
Freistellung 28
Richter ad hoc 29
Interessengemeinschaft 30
Titel II
Das Verfahren
Kapitel I
Allgemeine Vorschriften
Möglichkeit von Abweichungen im
Einzelfall 31
Verfahrensanordnungen 32
Öffentlichkeit der Unterlagen 33
Gebrauch der Sprachen 34
Vertretung der Vertragsparteien 35
Vertretung der Beschwerdeführer 36
Mitteilungen, Zustellungen,
Ladungen 37
Schriftsätze 38
Prüfung von Verfahrensfragen 38a
Vorläufige Maßnahmen 39
Dringliche Mitteilung über eine
Beschwerde 40
Reihenfolge bei der Behandlung der
Beschwerden 41
Verbindung und gleichzeitige
Prüfung von Beschwerden 42
Streichung und Wiedereintragung im
Register 43
Beteiligung Dritter 44
Pflicht zur Zusammenarbeit mit dem
Gerichtshof 44a
Nichtbefolgung einer Anordnung des
Gerichtshofs 44b
Fehlende Mitwirkung 44c
Unangemessene Stellungnahme einer
Partei 44d
Nichtweiterverfolgung einer
Beschwerde 44e
Kapitel II
Die Einleitung des Verfahrens
Unterschriften 45
Inhalt einer Staatenbeschwerde 46
Inhalt einer Individualbeschwerde
47
Kapitel III
Die Bericht erstattenden Richter
Staatenbeschwerden 48
Individualbeschwerden 49
Deutschland: Die Bericht
erstattenden Richter
Liechtenstein und die Schweiz: Die
Referenten
Verfahren vor der Großen Kammer 50
Kapitel IV
Das Verfahren bei der Prüfung der
Zulässigkeit
Staatenbeschwerden
Zuweisung von Beschwerden und
anschließendes Verfahren 51
Individualbeschwerden
Zuweisung einer Beschwerde an eine
Sektion 52
Verfahren vor einem Komitee 53
Verfahren vor einer Kammer 54
Gemeinsame Prüfung der Zulässigkeit
und Begründetheit 54a
Staatenbeschwerden und
Individualbeschwerden
Einreden der Unzulässigkeit 55
Entscheidung der Kammer 56
Sprache der Entscheidung 57
Kapitel V
Das Verfahren nach Zulassung der
Beschwerde
Staatenbeschwerden 58
Individualbeschwerden 59
Ansprüche auf gerechte
Entschädigung 60
(Artikel 61 wurde aufgehoben)
Gütliche Einigung 62
Kapitel VI
Die mündliche Verhandlung
Öffentlichkeit der mündlichen
Verhandlung 63
Leitung der mündlichen Verhandlung
64
Nichterscheinen 65
(Artikel 66 bis 69: aufgehoben)
Verhandlungsprotokoll 70
Kapitel VII
Das Verfahren vor der Großen Kammer
Anwendbarkeit der
Verfahrensvorschriften 71
Abgabe der Rechtssache an die Große
Kammer 72
Verweisung an die Große Kammer auf
Antrag einer Partei 73
Kapitel VIII
Die Urteile
Inhalt des Urteils 74
Entscheidung über eine gerechte
Entschädigung 75
Sprache des Urteils 76
Unterzeichnung, Verkündung und
Zustellung des Urteils 77
Veröffentlichung der Urteile und
anderer Schriftstücke 78
Antrag auf Auslegung des Urteils 79
Antrag auf Wiederaufnahme des
Verfahrens 80
Berichtigung von Fehlern in
Entscheidungen und Urteilen 81
Kapitel IX
Gutachten
82 bis 90
Kapitel X
Verfahrenshilfe
91 bis 96
Titel III
Übergangsbestimmungen
(Artikel 97 und 98: aufgehoben)
Verhältnis zwischen Gerichtshof und
Kommission 99
Verfahren vor einer Kammer und der
Großen Kammer 100
Bewilligung der Verfahrenshilfe 101
Antrag auf Wiederaufnahme des
Verfahrens 102
Titel IV
Schlussbestimmungen
Änderung oder Aussetzung der
Anwendung von Bestimmungen 103
Inkrafttreten der Verfahrensordnung
104
e m r k . a t
Der Europäische Gerichtshof für
Menschenrechte, gestützt auf die Konvention zum Schutz der
Menschenrechte und Grundfreiheiten und deren Protokolle erlässt die
folgende Verfahrensordnung:
Artikel 1
Begriffsbestimmungen
Für die Zwecke dieser
Verfahrensordnung bezeichnet, wenn sich aus dem Zusammenhang nichts
anderes ergibt,
a)„Konvention“ die Konvention zum
Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten und deren Protokolle;
b) „Plenum“ den Europäischen
Gerichtshof für Menschenrechte in Plenarsitzung;
c) „Große Kammer“ die Große Kammer
mit 17 Richtern, die nach Artikel 27 Absatz 1 der Konvention
gebildet wird;
d) „Sektion“ eine Kammer, die vom
Plenum nach Artikel 26 Buchstabe b der Konvention für einen
bestimmten Zeitraum gebildet wird, und „Sektionspräsident“ den
Richter, der vom Plenum nach Artikel 26 Buchstabe c der Konvention
zum Präsidenten dieser Sektion gewählt wird;
e) „Kammer“ eine Kammer mit sieben
Richtern, die nach Artikel 27 Absatz 1 der Konvention gebildet wird,
und „Kammerpräsident“ den Richter, der in einer solchen „Kammer“ den
Vorsitz führt;
f) „Komitee“ einen Ausschuss mit
drei Richtern, der nach Artikel 27 Absatz 1 der Konvention gebildet
wird;
g) „Gerichtshof“ gleichermaßen das
Plenum, die Große Kammer, eine Sektion, eine Kammer, ein Komitee
oder den in Artikel 43 Absatz 2 der Konvention erwähnten Ausschuss
von fünf Richtern;
h) „Richter ad hoc“ jede Person,
die nicht gewählter Richter ist und die von einer Vertragspartei
nach Artikel 27 Absatz 2 der Konvention als Mitglied der Großen
Kammer oder einer Kammer benannt wird;
i) „Richter“ die Richter, die von
der Parlamentarischen Versammlung des Europarats gewählt werden, und
die Richter ad hoc;
j) „Bericht erstattender Richter“4
einen Richter, der mit den in den Artikeln 48 und 49 vorgesehenen
Aufgaben betraut ist;
k) „Delegierter“ einen Richter, den
die Kammer zum Mitglied einer Delegation ernennt, und
„Delegationsleiter“ den Delegierten, den die Kammer zum Leiter ihrer
Delegation ernennt;
l) „Delegation“ ein Organ, das sich
zusammensetzt aus Delegierten, Angehörigen der Kanzlei und jeder
anderen Person, welche die Kammer zur Unterstützung der Delegation
ernennt;
m) „Kanzler“ je nach Zusammenhang
den Kanzler des Gerichtshofs oder den Kanzler einer Sektion;
n) „Partei“ und „Parteien“
- die Beschwerde führenden oder die
beschwerdegegnerischen Vertragsparteien;
- den Beschwerdeführer (natürliche
Person, nichtstaatliche Organisation oder Personengruppe), der den
Gerichtshof nach Artikel 34 der Konvention anruft;
o) „Drittbeteiligter“ jede
Vertragspartei oder jede betroffene Person, die nach Artikel 36
Absätze 1 und 2 der Konvention von ihrem Recht Gebrauch macht oder
der Gelegenheit gegeben wird, schriftlich Stellung zu nehmen oder an
einer mündlichen Verhandlung teilzunehmen;
p) „mündliche Verhandlung“ und
„mündliche Verhandlungen“ die mündlichen Verfahren, welche die
Zulässigkeit und/oder die Begründetheit einer Beschwerde zum
Gegenstand haben oder in Zusammenhang mit einem Antrag auf
Wiederaufnahme des Verfahrens, auf Auslegung eines Urteils oder auf
Erstattung eines Gutachtens durchgeführt werden;
q) „Ministerkomitee“ das
Ministerkomitee des Europarats;
r) „früherer Gerichtshof“ und
„Kommission“ den Europäischen Gerichtshof und die Europäische
Kommission für Menschenrechte nach dem früheren Artikel 19 der
Konvention.
Artikel 1:
Begriffsbestimmungen
Titel I - Organisation
und Arbeitsweise des Gerichtshofs
Kapitel I - Die
Richter
Artikel 2: Berechnung der Amtszeit
Abs.1: Die Amtszeit eines gewählten
Richters wird vom Zeitpunkt seiner Wahl an gerechnet. Wird jedoch
ein Richter nach Ablauf seiner Amtszeit wiedergewählt oder wird er
an Stelle eines Richters gewählt, dessen Amtszeit abgelaufen ist
oder abläuft, so wird seine Amtszeit vom Zeitpunkt des Ablaufs der
betreffenden Amtszeit an gerechnet.
Abs.2: Wird ein Richter an Stelle
eines Richters gewählt, dessen Amtszeit noch nicht abgelaufen ist,
so übt er sein Amt nach Artikel 23 Absatz 5 der Konvention für die
restliche Amtszeit seines Vorgängers aus.
Abs.3: Ein gewählter Richter bleibt
nach Artikel 23 Absatz 7 der Konvention im Amt, bis sein Nachfolger
den Eid geleistet oder die Erklärung abgegeben hat, die in Artikel 3
dieser Verfahrensordnung vorgesehen sind.
Artikel 3: Eid oder feierliche
Erklärung
Abs.1: Jeder gewählte Richter hat
vor Aufnahme seiner Tätigkeit in der ersten Sitzung des Plenums, an
der er nach seiner Wahl teilnimmt, oder nötigenfalls vor dem
Präsidenten des Gerichtshofs folgenden Eid zu leisten oder folgende
feierliche Erklärung abzugeben: „Ich schwöre,“ – oder „Ich erkläre
feierlich,“ – „dass ich mein Amt als Richter ehrenhaft, unabhängig
und unparteiisch ausüben und das Beratungsgeheimnis wahren werde.“
Abs.2: Hierüber wird ein Protokoll
aufgenommen.
Artikel 4: Unvereinbarkeit
Nach Artikel 21 Absatz 3 der
Konvention dürfen die Richter während ihrer Amtszeit keine
politische, administrative oder berufliche Tätigkeit ausüben, die
mit ihrer Unabhängigkeit und Unparteilichkeit oder mit den
Erfordernissen der Vollzeitbeschäftigung in diesem Amt unvereinbar
ist. Jeder Richter hat dem Präsidenten des Gerichtshofs jede
Nebentätigkeit anzuzeigen. Bei Meinungsverschiedenheit zwischen dem
Präsidenten und dem betroffenen Richter entscheidet das Plenum alle
sich stellenden Fragen.
Artikel 5: Rangordnung
Abs.1: Die gewählten Richter folgen
im Rang dem Präsidenten und den Vizepräsidenten des Gerichtshofs
sowie den Sektionspräsidenten; untereinander bestimmt sich ihr Rang
nach dem Tag ihrer Wahl; im Fall der Wiederwahl, auch wenn diese
nicht unmittelbar erfolgt, wird die Dauer der früheren Amtsausübung
als gewählter Richter berücksichtigt.
Abs.2: Der Rang der Vizepräsidenten
des Gerichtshofs, die am selben Tag in dieses Amt gewählt werden,
richtet sich nach der Dauer ihrer Amtsausübung als Richter. Bei
gleicher Dauer bestimmt sich ihr Rang nach dem Lebensalter. Die
gleiche Regelung gilt für die Sektionspräsidenten.
Abs.3: Der Rang der am selben Tag
gewählten Richter richtet sich nach ihrem Lebensalter.
Abs.4: Die Richter ad hoc folgen im
Rang den gewählten Richtern; untereinander bestimmt sich ihr Rang
nach dem Lebensalter.
Artikel 6: Rücktritt
Die Rücktrittserklärung eines
Richters wird an den Präsidenten des Gerichtshofs gerichtet, der sie
an den Generalsekretär des Europarats weiterleitet. Vorbehaltlich
des Artikels 24 Absatz 4 am Ende und des Artikels 26 Absatz 3 wird
durch den Rücktritt der Sitz des Richters frei.
Artikel 7: Entlassung
Ein Richter kann nur entlassen
werden, wenn die anderen Richter im Plenum mit der Mehrheit von zwei
Dritteln der im Amt befindlichen gewählten Richter beschließen, dass
er die erforderlichen Voraussetzungen nicht mehr erfüllt. Der
betroffene Richter ist zuvor vom Plenum anzuhören. Jeder Richter
kann das Amtsenthebungsverfahren in Gang setzen.
Kapitel II -
Präsidialämter des Gerichtshofs und Rolle des Präsidiums
Artikel 8: Wahl des Präsidenten und
der Vizepräsidenten des Gerichtshofs sowie der Präsidenten und
Vizepräsidenten der Sektionen
Abs.1: Das Plenum wählt seinen
Präsidenten, seine beiden Vizepräsidenten und die
Sektionspräsidenten für eine Amtszeit von drei Jahren, die sich
jedoch nicht über ihre Amtszeit als Richter hinaus erstrecken kann.
Abs.2: Ebenso wählt jede Sektion
für eine Amtszeit von drei Jahren einen Vizepräsidenten, der den
Sektionspräsidenten im Verhinderungsfall ersetzt.
Abs.3: Ein nach Absatz 1 oder 2
gewählter Richter kann in ein gleichrangiges Amt nur einmal
wiedergewählt werden. Diese Begrenzung der Zahl der Amtszeiten steht
der einmaligen Wiederwahl eines Richters, der am Tag des
Inkrafttretens dieser Änderung des Artikels 8 ein in den Absätzen 1
und 2 beschriebenes Amt innehat, in ein gleichrangiges Amt nicht
entgegen.
Abs.4: Die Präsidenten und die
Vizepräsidenten führen ihre Geschäfte bis zur Wahl ihrer Nachfolger
weiter.
Abs.5: Die in diesem Artikel
vorgesehenen Wahlen finden in geheimer Abstimmung statt;
stimmberechtigt sind nur die anwesenden gewählten Richter. Erreicht
kein Bewerber die absolute Mehrheit der anwesenden gewählten
Richter, so finden ein oder mehrere weitere Wahlgänge statt, bis ein
Kandidat die absolute Mehrheit erreicht hat. Nach jedem Wahlgang
scheidet der Bewerber aus, der die wenigsten Stimmen erhalten hat.
Erhalten mehrere Bewerber die wenigsten Stimmen, so scheidet nur der
nach Artikel 5 rangjüngste Bewerber aus. Bei Stimmengleichheit
zwischen zwei Bewerbern im letzten Wahlgang wird dem nach Artikel 5
rangälteren Richter der Vorzug gegeben.
Artikel 9: Aufgaben des Präsidenten
des Gerichtshofs
Abs.1: Der Präsident leitet Arbeit
und Verwaltung des Gerichtshofs. Er vertritt den Gerichtshof und
nimmt insbesondere dessen Beziehungen zu den Dienststellen des
Europarats wahr.
Abs.2: Er hat den Vorsitz in den
Sitzungen des Plenums, der Großen Kammer und des Ausschusses von
fünf Richtern.
Abs.3: An der Prüfung der
Rechtssachen, die von den Kammern behandelt werden, nimmt der
Präsident nicht teil, es sei denn, er ist der für die betroffene
Vertragspartei gewählte Richter.
Artikel 9a: Rolle des Präsidiums
Abs.1:
a) Der Gerichtshof hat ein
Präsidium, bestehend aus dem Präsidenten und den Vizepräsidenten des
Gerichtshofs sowie den Sektionspräsidenten. Ist ein Vizepräsident
oder ein Sektionspräsident verhindert, an einer Sitzung des
Präsidiums teilzunehmen, so wird er durch den Vizepräsidenten der
Sektion vertreten, andernfalls durch das Mitglied der Sektion, das
ihm in der Rangordnung nach Artikel 5 unmittelbar folgt.
b) Das Präsidium kann jedes andere
Mitglied des Gerichtshofs oder jede andere Person, deren Anwesenheit
es für erforderlich hält, zu seinen Sitzungen laden.
Abs.2: Das Präsidium wird vom
Kanzler und von den Stellvertretenden Kanzlern unterstützt.
Abs.3: Aufgabe des Präsidiums ist
die Unterstützung des Präsidenten bei der Erfüllung seiner Aufgabe,
Arbeit und Verwaltung des Gerichtshofs zu leiten. Zu diesem Zweck
kann der Präsident das Präsidium mit jeder Verwaltungs- oder
außergerichtlichen Angelegenheit befassen, die in seinen
Zuständigkeitsbereich fällt.
Abs.4: Das Präsidium erleichtert
ferner die Abstimmung zwischen den Sektionen des Gerichtshofs.
Abs.5: Der Präsident kann das
Präsidium konsultieren, bevor er nach Artikel 32
Verfahrensanordnungen praktischer Natur erlässt oder die nach
Artikel 17 Absatz 4 vom Kanzler vorbereitete allgemeine Weisung
genehmigt.
Abs.6: Das Präsidium kann dem
Plenum zu jeder Frage Bericht erstatten. Es kann dem Plenum ferner
Vorschläge unterbreiten.
Abs.7: Über jede Sitzung des
Präsidiums wird ein Protokoll in den beiden Amtssprachen des
Gerichtshofs aufgenommen und an die Richter verteilt. Der Sekretär
des Präsidiums wird vom Kanzler im Einvernehmen mit dem Präsidenten
bestimmt.
Artikel 10: Aufgaben der
Vizepräsidenten des Gerichtshofs
Die Vizepräsidenten des
Gerichtshofs unterstützen den Präsidenten des Gerichtshofs. Sie
vertreten ihn, wenn er verhindert oder das Amt des Präsidenten nicht
besetzt ist oder wenn er darum ersucht. Die Vizepräsidenten sind
auch als Sektionspräsidenten tätig.
Artikel 11:
Vertretung des Präsidenten und der
Vizepräsidenten des Gerichtshofs
Sind der Präsident und die
Vizepräsidenten des Gerichtshofs gleichzeitig verhindert oder sind
ihre Ämter gleichzeitig nicht besetzt, so werden die Amtspflichten
des Präsidenten von einem der Sektionspräsidenten oder, falls keiner
von ihnen verfügbar ist, von einem anderen gewählten Richter
entsprechend der in Artikel 5 festgelegten Rangordnung wahrgenommen.
Artikel 12: Präsidenten der
Sektionen und Kammern
Die Sektionspräsidenten haben den
Vorsitz in den Sitzungen der Sektion und der Kammern, deren
Mitglieder sie sind, und leiten die Arbeit der Sektion. Die
Vizepräsidenten der Sektionen vertreten sie im Verhinderungsfall
oder wenn das Amt des Sektionspräsidenten nicht besetzt ist oder auf
dessen Ersuchen hin. Andernfalls vertreten die Richter der Sektion
und der Kammern den Sektionspräsidenten entsprechend der in Artikel
5 festgelegten Rangordnung
Artikel 13: Ausschluss vom Vorsitz
Die Richter des Gerichtshofs sind
vom Vorsitz in Rechtssachen ausgeschlossen, in denen eine
Vertragspartei, deren Staatsangehörige sie sind oder für die sie
gewählt wurden, Partei ist, oder an denen sie als nach Artikel 29
Absatz 1 Buchstabe a oder Artikel 30 Absatz 1 benannte Richter
mitwirken.
Artikel 14: Ausgewogene Vertretung
der Geschlechter
Bei den nach diesem und dem
folgenden Kapitel vorzunehmenden Ernennungen verfolgt der
Gerichtshof eine Politik, die auf eine ausgewogene Vertretung der
Geschlechter gerichtet ist.
Kapitel III - Die
Kanzlei
Artikel 15: Wahl des Kanzlers
Abs.1: Das Plenum wählt den Kanzler
des Gerichtshofs. Die Bewerber müssen hohes sittliches Ansehen
genießen und über die juristischen, administrativen und sprachlichen
Kenntnisse sowie die Erfahrung verfügen, die zur Ausübung dieser
Tätigkeit erforderlich sind.
Abs.2: Der Kanzler wird für eine
Amtszeit von fünf Jahren gewählt und kann wiedergewählt werden. Er
kann seines Amtes nur enthoben werden, wenn die Richter in
Plenarsitzung mit der Mehrheit von zwei Dritteln der im Amt
befindlichen gewählten Richter beschließen, dass er die
erforderlichen Voraussetzungen nicht mehr erfüllt. Er ist zuvor vom
Plenum anzuhören. Jeder Richter kann das Amtsenthebungsverfahren in
Gang setzen.
Abs.3: Die in diesem Artikel
vorgesehenen Wahlen finden in geheimer Abstimmung statt;
stimmberechtigt sind nur die anwesenden gewählten Richter. Erreicht
kein Bewerber die absolute Mehrheit der anwesenden gewählten
Richter, so findet zwischen den beiden Bewerbern, die die meisten
Stimmen erhalten haben, eine Stichwahl statt. Bei Stimmengleichheit
wird, sofern vorhanden, der Bewerberin der Vorzug gegeben, sonst der
älteren Person.
Abs.4: Vor Aufnahme seiner
Tätigkeit hat der Kanzler vor dem Plenum oder nötigenfalls vor dem
Präsidenten des Gerichtshofs folgenden Eid zu leisten oder folgende
feierliche Erklärung abzugeben: „Ich schwöre,“ – oder „Ich erkläre
feierlich,“ – „dass ich meine Aufgaben als Kanzler des Europäischen
Gerichtshofs für Menschenrechte mit größter Pflichttreue,
Verschwiegenheit und Gewissenhaftigkeit erfüllen werde.“ Hierüber
wird ein Protokoll aufgenommen.
Artikel 16: Wahl der
Stellvertretenden Kanzler
Abs.1: Das Plenum wählt außerdem
zwei Stellvertretende Kanzler unter den Voraussetzungen, nach dem
Verfahren und für die Amtszeit, die in Artikel 15 vorgeschrieben
sind. Das für die Amtsenthebung des Kanzlers vorgesehene Verfahren
findet auch für die Amtsenthebung der Stellvertretenden Kanzler
Anwendung. Der Gerichtshof hört in beiden Fällen zuvor den Kanzler
an.
Abs.2: Vor Aufnahme ihrer Tätigkeit
haben die Stellvertretenden Kanzler vor dem Plenum oder nötigenfalls
vor dem Präsidenten des Gerichtshofs entsprechend den für den
Kanzler geltenden Vorschriften einen Eid zu leisten oder eine
feierliche Erklärung abzugeben. Hierüber wird ein Protokoll
aufgenommen.
Artikel 17: Aufgaben des Kanzlers
Abs.1: Der Kanzler unterstützt den
Gerichtshof bei der Erfüllung seiner Aufgaben. Er trägt die
Verantwortung für Organisation und Tätigkeit der Kanzlei, wobei er
dem Präsidenten des Gerichtshofs untersteht.
Abs.2: Der Kanzler bewahrt das
Archiv des Gerichtshofs; die beim Gerichtshof aus- und eingehende
Korrespondenz und die Zustellungen betreffend die beim Gerichtshof
anhängigen oder anhängig zu machenden Rechtssachen werden über ihn
geleitet.
Abs.3: Soweit es mit der ihm durch
sein Amt auferlegten Schweigepflicht vereinbar ist, erteilt der
Kanzler Auskunft auf Anfragen über die Tätigkeit des Gerichtshofs,
insbesondere gegenüber der Presse.
Abs.4: Die Arbeit der Kanzlei wird
durch eine vom Kanzler vorbereitete und vom Präsidenten des
Gerichtshofs genehmigte allgemeine Weisung geregelt.
Artikel 18: Organisation der
Kanzlei
Abs.1; Die Kanzlei besteht aus
ebenso vielen Sektionskanzleien wie der Gerichtshof Sektionen
bildet, sowie aus den Stellen, die erforderlich sind, um die vom
Gerichtshof benötigten rechtlichen und administrativen
Dienstleistungen zu erbringen.
Abs.2: Der Sektionskanzler
unterstützt die Sektion bei der Erfüllung ihrer Aufgaben. Dabei kann
ihm ein Stellvertretender Sektionskanzler zur Seite stehen.
Abs.3: Mit Ausnahme des Kanzlers
und der Stellvertretenden Kanzler werden die Kanzleibediensteten
einschließlich der wissenschaftlichen Mitarbeiter mit Zustimmung des
Präsidenten des Gerichtshofs oder des auf dessen Anweisung
handelnden Kanzlers vom Generalsekretär des Europarats eingestellt.
Kapitel IV - Die
Arbeitsweise des Gerichtshofs
Artikel 19: Sitz des Gerichtshofs
Abs.1: Der Gerichtshof hat seinen
Sitz in Straßburg, dem Sitz des Europarats. Der Gerichtshof kann
jedoch, wenn er es für zweckmäßig hält, seine Tätigkeit an einem
anderen Ort im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten des Europarats
ausüben.
Abs.2: Der Gerichtshof kann in
jedem Stadium der Prüfung einer Beschwerde beschließen, dass es
notwendig ist, selbst oder durch eines oder mehrere seiner
Mitglieder an einem anderen Ort eine Untersuchung vorzunehmen oder
jede andere Aufgabe zu erledigen.
Artikel 20: Sitzungen des Plenums
Abs.1: Der Präsident beruft den
Gerichtshof zu einer Plenarsitzung ein, sobald es die dem
Gerichtshof nach der Konvention und dieser Verfahrensordnung
obliegenden Aufgaben erfordern. Der Präsident beruft eine
Plenarsitzung ein, wenn mindestens ein Drittel der Mitglieder des
Gerichtshofs es verlangt, jedenfalls aber einmal im Jahr zur
Erörterung von Verwaltungsfragen.
Abs.2: Für die Beschlussfähigkeit
des Plenums ist die Anwesenheit von mindestens zwei Dritteln der im
Amt befindlichen gewählten Richter erforderlich.
Abs.3: Wird die für die
Beschlussfähigkeit erforderliche Zahl nicht erreicht, so vertagt der
Präsident die Sitzung.
Artikel 21: Andere Sitzungen des
Gerichtshofs
Abs.1: Die Große Kammer, die
Kammern und die Komitees tagen ständig. Der Gerichtshof legt jedoch
jedes Jahr auf Vorschlag seines Präsidenten Sitzungsperioden fest.
Abs.2: In dringenden Fällen kann
der Präsident die Große Kammer und die Kammern auch außerhalb dieser
Sitzungsperioden einberufen.
Artikel 22: Beratungen
Abs.1: Der Gerichtshof berät in
nichtöffentlicher Sitzung. Seine Beratungen bleiben geheim.
Abs.2: Nur die Richter nehmen an
den Beratungen teil. Der Kanzler oder die als sein Vertreter
bestimmte Person sowie diejenigen weiteren Kanzleibediensteten und
Dolmetscher, deren Hilfe für erforderlich erachtet wird, sind bei
den Beratungen anwesend. Die Zulassung anderer Personen bedarf einer
besonderen Entscheidung des Gerichtshofs.
Abs.3: Vor jeder Abstimmung über
eine Frage, die dem Gerichtshof vorgelegt wird, fordert der
Präsident die Richter auf, ihre Meinung zu äußern.
Artikel 23: Abstimmungen
Abs.1: Die Entscheidungen des
Gerichtshofs werden von den anwesenden Richtern mit Stimmenmehrheit
getroffen. Bei Stimmengleichheit wird erneut abgestimmt, und liegt
weiterhin Stimmengleichheit vor, so gibt die Stimme des Präsidenten
den Ausschlag. Dieser Absatz gilt, soweit diese Verfahrensordnung
nichts anderes bestimmt.
Abs.2: Die Entscheidungen und
Urteile der Großen Kammer und der Kammern werden von den jeweils
tagenden Richtern mit Stimmenmehrheit getroffen. Bei den
Schlussabstimmungen über Zulässigkeit und Begründetheit einer
Beschwerde sind Enthaltungen nicht zulässig.
Abs.3: In der Regel erfolgen die
Abstimmungen durch Handzeichen. Der Präsident kann eine namentliche
Abstimmung durchführen, und zwar in umgekehrter Reihenfolge der
Rangordnung.
Art.4: Jede Frage, über die
abzustimmen ist, wird genau formuliert.
Artikel 23a: Entscheidung durch
stillschweigende Zustimmung
Hat der Gerichtshof außerhalb einer
angesetzten Sitzung über eine Verfahrensfrage oder eine andere Frage
zu entscheiden, so kann der Präsident anordnen, dass den Richtern
die Entscheidung im Entwurf zuzuleiten und für ihre Stellungnahme
eine Frist zu setzen ist. Erheben die Richter keine Einwände, so
gilt der Vorschlag nach Ablauf der Frist als angenommen.
Kapitel V -
Zusammensetzung des Gerichtshofs
Artikel 24: Zusammensetzung der
Großen Kammer
Abs.1: Die Große Kammer besteht aus
17 Richtern und mindestens drei Ersatzrichtern.
Abs.2:
a) Der Großen Kammer gehören der
Präsident und die Vizepräsidenten des Gerichtshofs sowie die
Sektionspräsidenten an. Ist ein Vizepräsident des Gerichtshofs oder
ein Sektionspräsident an der Teilnahme an einer Sitzung der Großen
Kammer verhindert, so wird er durch den Vizepräsidenten der
betreffenden Sektion vertreten.
b) Der für die betroffene
Vertragspartei gewählte Richter oder gegebenenfalls der nach Artikel
29 oder Artikel 30 benannte Richter gehört der Großen Kammer nach
Artikel 27 Absätze 2 und 3 der Konvention von Amts wegen an.
c) In Rechtssachen, die nach
Artikel 30 der Konvention an die Große Kammer abgegeben werden,
gehören der Großen Kammer auch die Mitglieder der Kammer an, welche
die Sache abgegeben hat.
d) In Rechtssachen, die nach
Artikel 43 der Konvention an die Große Kammer verwiesen werden,
gehört der Großen Kammer kein Richter an, der der Kammer angehörte,
die das Urteil in der verwiesenen Rechtssache fällte, mit Ausnahme
des Präsidenten jener Kammer und des Richters, welcher ihr für die
betroffene Vertragspartei angehörte, ebenso wenig ein Richter,
welcher der oder den Kammern angehörte, die über die Zulässigkeit
der Beschwerde entschieden.
e) Die Richter und Ersatzrichter,
welche die Große Kammer jeweils in einer ihr vorgelegten Rechtssache
vervollständigen sollen, werden aus dem Kreis der verbleibenden
Richter vom Präsidenten des Gerichtshofs im Beisein des Kanzlers
durch das Los bestimmt. Die Einzelheiten des Losverfahrens werden
unter gebührender Berücksichtigung der Notwendigkeit einer
geographisch ausgewogenen Zusammensetzung, die den unterschiedlichen
Rechtssystemen der Vertragsparteien Rechnung trägt, vom Plenum
festgelegt.
f) Bei der Prüfung eines Antrags
auf Erstattung eines Gutachtens nach Artikel 47 der Konvention wird
die Große Kammer nach Absatz 2 Buchstaben a und e gebildet.
Abs.3: Sind Richter verhindert, so
werden sie durch Ersatzrichter vertreten, die in der Reihenfolge
nach Absatz 2 Buchstabe e bestimmt werden.
Abs.4: Die so bestimmten Richter
und Ersatzrichter bleiben für die Prüfung der Rechtssache Mitglieder
der Großen Kammer, bis das Verfahren abgeschlossen ist. Sie setzen
ihre Tätigkeit in einer Rechtssache auch nach Ablauf ihrer Amtszeit
fort, wenn sie an der Prüfung der Begründetheit teilgenommen haben.
Diese Bestimmungen gelten auch für das Verfahren zur Erstattung von
Gutachten.
Abs.3:
a) Der Ausschuss von fünf Richtern
der Großen Kammer, der einen nach Artikel 43 der Konvention
vorgelegten Antrag zu prüfen hat, besteht aus
- dem Präsidenten des Gerichtshofs;
ist der Präsident des Gerichtshofs verhindert, so wird er durch den
rangälteren Vizepräsidenten des Gerichtshofs vertreten;
- zwei Sektionspräsidenten, die im
Rotationsverfahren bestimmt werden; ist ein so bestimmter
Sektionspräsident verhindert, so wird er durch den Vizepräsidenten
der Sektion vertreten;
- zwei Richtern, die im
Rotationsverfahren aus dem Kreis der Richter bestimmt werden, die
von den verbleibenden Sektionen zur Mitwirkung im Ausschuss für
sechs Monate gewählt wurden;
- mindestens zwei Ersatzrichtern,
die im Rotationsverfahren aus dem Kreis der Richter bestimmt werden,
die von den Sektionen zur Mitwirkung im Ausschuss für sechs Monate
gewählt wurden.
b) Prüft der Ausschuss einen Antrag
auf Verweisung, so gehört ihm kein Richter an, der an der Prüfung
der Zulässigkeit oder der Begründetheit der betreffenden Rechtssache
teilgenommen hat.
c) Ein Richter, der für eine von
einem Antrag auf Verweisung betroffene Vertragspartei gewählt wurde
oder Staatsangehöriger einer solchen ist, kann nicht Mitglied des
Ausschusses sein, wenn der Ausschuss diesen Antrag prüft. Ein
gewählter Richter, der von der betroffenen Vertragspartei nach
Artikel 29 oder 30 benannt worden ist, ist von der Prüfung eines
solchen Antrags ebenfalls ausgeschlossen.
d) Ist ein Mitglied des Ausschusses
aus einem unter Buchstabe b oder c genannten Grund verhindert, so
wird es durch einen Ersatzrichter vertreten, der im
Rotationsverfahren aus dem Kreis der Richter bestimmt wird, die von
den Sektionen zur Mitwirkung im Ausschuss für sechs Monate gewählt
wurden.
Artikel 25: Bildung der Sektionen
Abs.1: Die in Artikel 26 Buchstabe
b der Konvention vorgesehenen Kammern (in dieser Verfahrensordnung
als „Sektionen“ bezeichnet) werden auf Vorschlag des Präsidenten vom
Plenum gebildet, und zwar für drei Jahre, von der Wahl der in
Artikel 8 dieser Verfahrensordnung genannten Inhaber der
Präsidialämter an gerechnet. Es werden mindestens vier Sektionen
gebildet.
Abs.2: Jeder Richter ist Mitglied
einer Sektion. Die Zusammensetzung der Sektionen soll sowohl in
geographischer Hinsicht als auch in Bezug auf die Vertretung der
Geschlechter ausgewogen sein und den unterschiedlichen
Rechtssystemen der Vertragsparteien Rechnung tragen.
Abs.3: Scheidet ein Richter vor
Ablauf des Zeitabschnitts, für den die Sektion gebildet wurde, aus
dem Gerichtshof aus, so wird er durch seinen Nachfolger beim
Gerichtshof als Mitglied der Sektion ersetzt.
Abs.4: Wenn es die Umstände
erfordern, kann der Präsident des Gerichtshofs ausnahmsweise die
Zusammensetzung der Sektionen ändern.
Abs.5: Auf Vorschlag des
Präsidenten kann das Plenum eine zusätzliche Sektion bilden.
Artikel 26: Bildung der Kammern
Abs.1: Die Kammern mit sieben
Richtern, die in Artikel 27 Absatz 1 der Konvention für die Prüfung
der beim Gerichtshof anhängig gemachten Rechtssachen vorgesehen
sind, werden wie folgt aus den Sektionen gebildet:
a) Der Kammer gehören vorbehaltlich
des Absatzes 2 sowie des Artikels 28 Absatz 4, letzter Satz, für
jede Rechtssache der Sektionspräsident und der für eine betroffene
Vertragspartei gewählte Richter an. Ist der Letztere nicht Mitglied
der Sektion, der die Beschwerde nach Artikel 51 oder 52 dieser
Verfahrensordnung zugeteilt wurde, so gehört er der Kammer nach
Artikel 27 Absatz 2 der Konvention von Amts wegen an. Ist dieser
Richter verhindert oder befangen, so findet Artikel 29 dieser
Verfahrensordnung Anwendung.
b) Die anderen Mitglieder der
Kammer werden vom Sektionspräsidenten im Rotationsverfahren aus dem
Kreis der Mitglieder der Sektion bestimmt.
c) Die Mitglieder der Sektion, die
nicht auf diese Weise bestimmt wurden, sind in der betreffenden
Rechtssache Ersatzrichter.
Abs.2: Der für eine betroffene
Vertragspartei gewählte Richter oder gegebenenfalls der nach Artikel
29 oder 30 benannte gewählte Richter oder Richter ad hoc kann vom
Kammerpräsidenten von der Teilnahme an Sitzungen, die der
Vorbereitung oder Verfahrensfragen gewidmet sind, befreit werden.
Für die Zwecke solcher Sitzungen wird vermutet, die betroffene
Vertragspartei habe nach Artikel 29 Absatz 1 an Stelle dieses
Richters den ersten Ersatzrichter benannt.
Abs.3: Auch nach Ende ihrer
Amtszeit bleiben die Richter in den Rechtssachen tätig, in denen sie
an der Prüfung der Begründetheit teilgenommen haben.
Artikel 27: Komitees
Abs.1: Nach Artikel 27 Absatz 1 der
Konvention werden Komitees aus drei derselben Sektion angehörenden
Richtern gebildet. Die Zahl der Komitees wird vom Präsidenten des
Gerichtshofs nach Anhörung der Sektionspräsidenten bestimmt.
Abs.2: Die Komitees werden im
Rotationsverfahren aus dem Kreis der Mitglieder jeder Sektion mit
Ausnahme ihres Präsidenten für zwölf Monate gebildet.
Abs.3: Sektionsmitglieder, die
nicht Mitglieder eines Komitees sind, können berufen werden,
verhinderte Mitglieder zu ersetzen.
Abs.4: Den Vorsitz im Komitee führt
jeweils das innerhalb der Sektion rangälteste Mitglied.
Artikel 28: Verhinderung,
Ablehnung, Freistellung
Abs.1: Jeder Richter, der
verhindert ist, an Sitzungen teilzunehmen, zu denen er einberufen
wurde, hat dies umgehend dem Kammerpräsidenten mitzuteilen.
Abs.2: Ein Richter darf an der
Prüfung einer Rechtssache nicht teilnehmen,
a) wenn er an der Rechtssache ein
persönliches Interesse hat, zum Beispiel wegen einer ehelichen,
elterlichen oder sonstigen engen verwandtschaftlichen, persönlichen
oder beruflichen Beziehung oder eines Unterordnungsverhältnisses zu
einer der Parteien;
b) wenn er an der Rechtssache
vorher mitgewirkt hat, sei es als Prozessbevollmächtigter,
Rechtsbeistand oder Berater einer Partei oder einer an der Sache
interessierten Person, sei es als Mitglied eines anderen Gerichts
oder einer Untersuchungskommission auf nationaler oder
internationaler Ebene oder in anderer Eigenschaft;
c) wenn er als Richter ad hoc oder
als ehemaliger gewählter Richter, der nach Artikel 26 Absatz 3
weiter tätig ist, eine politische oder administrative Tätigkeit oder
eine mit seiner Unabhängigkeit und Unparteilichkeit unvereinbare
berufliche Tätigkeit aufnimmt;
d) wenn er über die Medien,
schriftlich, durch öffentliches Handeln oder in anderer Weise in der
Öffentlichkeit Ansichten geäußert hat, die objektiv geeignet sind,
seine Unparteilichkeit zu beeinträchtigen;
e) wenn aus einem anderen Grund
berechtigte Zweifel an seiner Unabhängigkeit oder Unparteilichkeit
bestehen.
Abs.3: Ist ein Richter aus einem
der genannten Gründe befangen, so teilt er dies dem
Kammerpräsidenten mit; dieser stellt ihn von der Teilnahme an der
Rechtssache frei.
Abs.4: Hat der betroffene Richter
oder der Kammerpräsident Zweifel, ob einer der in Absatz 2 genannten
Ablehnungsgründe vorliegt, so entscheidet die Kammer. Nach Anhörung
des betroffenen Richters berät die Kammer und stimmt ab; dabei ist
der betroffene Richter nicht anwesend. Für die Zwecke der Beratungen
und der Abstimmung der Kammer über diese Frage wird er durch den
ersten Ersatzrichter der Kammer vertreten. Dasselbe gilt, wenn der
Richter der Kammer für eine betroffene Vertragspartei angehört. In
diesem Fall wird vermutet, die betroffene Vertragspartei habe für
die Mitwirkung in der Kammer an seiner Stelle nach Artikel 29 Absatz
1 den ersten Ersatzrichter benannt.
Abs.5: Die Absätze 1 bis 4 gelten
auch für die Mitwirkung eines Richters in einem Komitee; in diesem
Fall ist die nach Absatz 1 oder 3 vorgeschriebene Mitteilung an den
Sektionspräsidenten zu richten.
Artikel 29: Richter ad hoc
Abs.1:
a) Wenn der für eine betroffene
Vertragspartei gewählte Richter verhindert, befangen oder
freigestellt ist oder wenn es einen solchen Richter nicht gibt,
fordert der Kammerpräsident diese Partei auf, ihm binnen 30 Tagen
mitzuteilen, ob sie entweder einen anderen gewählten Richter oder
einen Richter ad hoc für die Mitwirkung als Richter an dem Verfahren
benennen will; in diesem Fall fordert er sie auf, gleichzeitig den
Namen der Person anzugeben, die sie benennt.
b) Die gleiche Regelung gilt, wenn
die benannte Person verhindert oder befangen ist.
c) Ein Richter ad hoc muss die in
Artikel 21 Absatz 1 der Konvention vorgeschriebenen Voraussetzungen
erfüllen, darf in der betreffenden Rechtssache nicht aus einem der
in Artikel 28 dieser Verfahrensordnung genannten Gründe verhindert
sein und muss in der Lage sein, den in Absatz 5 vorgesehenen
Erfordernissen in Bezug auf Verfügbarkeit und Anwesenheit zu
entsprechen.
Abs.2: Antwortet die betroffene
Vertragspartei nicht innerhalb von 30 Tagen oder bis zum Ablauf
einer vom Kammerpräsidenten gewährten Verlängerung dieser Frist6, so
gilt dies als Verzicht auf dieses Benennungsrecht. Benennt die
betroffene Vertragspartei zweimal als Richter ad hoc Personen, die
nach Feststellung der Kammer die Voraussetzungen nach Absatz 1
Buchstabe c nicht erfüllen, so gilt dies ebenfalls als Verzicht auf
das Benennungsrecht.
Abs.3: Der Kammerpräsident kann
beschließen, die betroffene Vertragspartei zu einer Benennung nach
Absatz 1 Buchstabe a erst dann aufzufordern, wenn ihr die Beschwerde
nach Artikel 54 Absatz 2 zur Kenntnis gebracht wird. In diesem Fall
wird angenommen, die betroffene Vertragspartei habe, bis sie eine
Benennung vornimmt, an Stelle des gewählten Richters den ersten
Ersatzrichter benannt.
Abs.4: Zu Beginn der ersten Sitzung
in der betreffenden Rechtssache nach seiner Benennung leistet der
Richter ad hoc den Eid oder gibt die feierliche Erklärung ab, die in
Artikel 3 vorgesehen sind. Hierüber wird ein Protokoll aufgenommen.
Abs.5: Richter ad hoc müssen sich
zur Verfügung des Gerichtshofs halten und vorbehaltlich des Artikels
26 Absatz 2 an den Sitzungen der Kammer teilnehmen.
Artikel 30: Interessengemeinschaft
Abs.1: Haben zwei oder mehr
Beschwerde führende oder Beschwerde-gegnerische Vertragsparteien ein
gemeinsames Interesse, so kann der Kammerpräsident sie auffordern,
sich untereinander über die Benennung nur eines der für sie
gewählten Richter als Richter der Interessengemeinschaft zu
verständigen; dieser wird von Amts wegen zum Kammermitglied berufen.
Kommt eine Einigung nicht zustande, so bestimmt der Präsident den
Richter der Interessengemeinschaft aus der Zahl der von diesen
Parteien vorgeschlagenen Richter durch das Los.
Abs.2: Der Kammerpräsident kann
beschließen, die betroffenen Vertragsparteien zu einer Benennung
nach Absatz 1 erst dann aufzufordern, wenn die Beschwerde den
beschwerdegegnerischen Vertragsparteien nach Artikel 54 Absatz 2 zur
Kenntnis gebracht worden ist.
Abs.3: Besteht Streit über das
Vorliegen einer Interessengemeinschaft oder über eine damit
zusammenhängende Frage, so entscheidet die Kammer, nötigenfalls nach
Einholung schriftlicher Stellungnahmen der betroffenen
Vertragsparteien.
Titel II - Das
Verfahren
Kapitel I - Allgemeine
Vorschriften
Artikel 31: Möglichkeit von
Abweichungen im Einzelfall
Der Gerichtshof kann im Einzelfall
bei der Prüfung einer Rechtssache von den Vorschriften dieses Titels
abweichen; wenn es angezeigt ist, hört er zuvor die Parteien an.
Artikel 32: Verfahrensanordnungen
Der Präsident des Gerichtshofs kann
Verfahrensanordnungen praktischer Natur erlassen, insbesondere
hinsichtlich des Erscheinens zu mündlichen Verhandlungen und der
Einreichung von Schriftsätzen oder sonstigen Unterlagen.
Artikel 33: Öffentlichkeit der
Unterlagen
Abs.1: Alle bei der Kanzlei von den
Parteien oder Drittbeteiligten im Zusammenhang mit einer Beschwerde
eingereichten Unterlagen mit Ausnahme derjenigen, die im Rahmen von
Verhandlungen über eine gütliche Einigung nach Artikel 62 vorgelegt
werden, sind der Öffentlichkeit nach den vom Kanzler bestimmten
Regelungen zugänglich, soweit nicht der Kammerpräsident aus den in
Absatz 2 genannten Gründen anders entscheidet, sei es von Amts
wegen, sei es auf Antrag einer Partei oder einer anderen betroffenen
Person.
Abs.2: Der Zugang der
Öffentlichkeit zu Unterlagen oder Teilen davon kann eingeschränkt
werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung
oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft
liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des
Privatlebens der Parteien es verlangen oder - soweit der
Kammerpräsident es für unbedingt erforderlich hält – wenn unter
besonderen Umständen die Öffentlichkeit von Unterlagen die
Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde.
Abs.3: Anträge auf Vertraulichkeit
nach Absatz 1 sind zu begründen; dabei ist anzugeben, ob sämtliche
Unterlagen oder nur ein Teil davon der Öffentlichkeit nicht
zugänglich sein sollen.
Abs.4: Entscheidungen und Urteile
einer Kammer sind der Öffentlichkeit zugänglich. Der Gerichtshof
macht der Öffentlichkeit in regelmäßigen Abständen allgemeine
Informationen über Entscheidungen zugänglich, die von den Komitees
nach Artikel 53 Absatz 2 getroffen wurden.
Artikel 34: Gebrauch der Sprachen
(1) Die Amtssprachen des
Gerichtshofs sind Englisch und Französisch.
(2) Wird eine Beschwerde nach
Artikel 34 der Konvention erhoben, so erfolgen, solange diese
Beschwerde noch keiner Vertragspartei nach dieser Verfahrensordnung
zur Kenntnis gebracht worden ist, die Kommunikation mit dem
Beschwerdeführer oder seinem Vertreter sowie die mündlichen und
schriftlichen Stellungnahmen des Beschwerdeführers oder seines
Vertreters, soweit nicht in einer der Amtssprachen des Gerichtshofs,
in einer der Amtssprachen der Vertragsparteien. Wird nach Maßgabe
dieser Verfahrensordnung eine Vertragspartei über eine Beschwerde
informiert oder eine Beschwerde ihr zur Kenntnis gebracht, so sind
ihr die Beschwerde und alle beigefügten Unterlagen in der Sprache zu
übermitteln, in der sie vom Beschwerdeführer bei der Kanzlei
eingereicht wurden.
(3)
a) Die Kommunikation mit dem
Beschwerdeführer oder seinem Vertreter sowie die mündlichen und
schriftlichen Stellungnahmen des Beschwerdeführers oder seines
Vertreters in Bezug auf eine mündliche Verhandlung oder nachdem
einer Vertragspartei die Beschwerde zur Kenntnis gebracht worden
ist, erfolgen in einer der Amtssprachen des Gerichtshofs, wenn nicht
der Kammerpräsident den weiteren Gebrauch der Amtssprache einer
Vertragspartei erlaubt.
b) Wird diese Erlaubnis erteilt, so
trifft der Kanzler die notwendigen Vorkehrungen dafür, dass die
mündlichen und schriftlichen Stellungnahmen des Beschwerdeführers
ganz oder teilweise ins Englische oder Französische gedolmetscht
beziehungsweise übersetzt werden, soweit dies nach Auffassung des
Kammerpräsidenten im Interesse einer ordnungsgemäßen Durchführung
des Verfahrens ist.
c) Ausnahmsweise kann der
Kammerpräsident die Erteilung der Erlaubnis davon abhängig machen,
dass der Beschwerdeführer die dadurch entstehenden Kosten ganz oder
teilweise trägt.
d) Wenn der Kammerpräsident nichts
anderes bestimmt, gilt eine Entscheidung nach diesem Absatz auch für
alle späteren Verfahrensabschnitte, einschließlich derer, die durch
Anträge auf Verweisung der Rechtssache an die Große Kammer oder
durch Anträge auf Auslegung des Urteils oder Wiederaufnahme des
Verfahrens nach Artikel 73, 79 beziehungsweise 80 ausgelöst werden.
(4)
a) Die Kommunikation mit einer
Vertragspartei, die in der Rechtssache Partei ist, sowie die
mündlichen und schriftlichen Stellungnahmen einer solchen
Vertragspartei erfolgen in einer der Amtssprachen des Gerichtshofs.
Der Kammerpräsident kann der betreffenden Vertragspartei den
Gebrauch einer ihrer Amtssprachen für mündliche und schriftliche
Stellungnahmen erlauben.
b) Wird diese Erlaubnis erteilt, so
hat die ersuchende Vertragspartei
i) innerhalb einer vom
Kammerpräsidenten zu bestimmenden Frist eine Übersetzung ihrer
schriftlichen Stellungnahmen in einer der Amtssprachen des
Gerichtshofs einzureichen. Reicht diese Vertragspartei innerhalb
dieser Frist die Übersetzung nicht ein, so kann der Kanzler auf
Kosten der ersuchenden Vertragspartei die notwendigen Vorkehrungen
für diese Übersetzung treffen;
ii) die Kosten für das Dolmetschen
ihrer mündlichen Stellungnahmen ins Englische oder Französische zu
tragen. Der Kanzler ist dafür verantwortlich, die notwendigen
Vorkehrungen für das Dolmetschen zu treffen.
c) Der Kammerpräsident kann
anordnen, dass eine Vertragspartei, die in der Rechtssache Partei
ist, innerhalb einer bestimmten Frist eine englische oder
französische Übersetzung oder Zusammenfassung aller oder bestimmter
Anlagen zu ihren schriftlichen Stellungnahmen oder anderer
einschlägiger Unterlagen oder von Auszügen daraus vorzulegen hat.
d) In Bezug auf die Beteiligung
Dritter nach Artikel 44 dieser Verfahrensordnung und den Gebrauch
einer Sprache, die nicht eine der Amtssprachen ist, durch
Drittbeteiligte sind die Buchstaben a bis c entsprechend anzuwenden.
(5) Der Kammerpräsident kann die
beschwerdegegnerische Vertragspartei auffordern, eine Übersetzung
ihrer schriftlichen Stellungnahmen in einer ihrer Amtssprachen
vorzulegen, um dem Beschwerdeführer das Verständnis dieser
Stellungnahmen zu erleichtern.
(6) Zeugen, Sachverständige und
andere Personen, die vor dem Gerichtshof auftreten, können sich
ihrer eigenen Sprache bedienen, wenn sie keine der beiden
Amtssprachen hinreichend beherrschen. In diesem Fall trifft der
Kanzler die notwendigen Vorkehrungen für die mündliche und
schriftliche Übersetzung.
Artikel 35: Vertretung der
Vertragsparteien
Die Vertragsparteien werden durch
Prozessbevollmächtigte vertreten, die zu ihrer Unterstützung
Rechtsbeistände oder Berater hinzuziehen können.
Artikel 36: Vertretung der
Beschwerdeführer
(1) Die in Artikel 34 der
Konvention genannten natürlichen Personen, nichtstaatlichen
Organisationen und Personengruppen können eine Beschwerde zunächst
selbst oder durch einen Vertreter einreichen.
(2) Sobald der
beschwerdegegnerischen Vertragspartei die Beschwerde nach Artikel 54
Absatz 2 Buchstabe b zugestellt ist, muss der Beschwerdeführer nach
Absatz 4 vertreten sein, wenn der Kammerpräsident nichts anderes
bestimmt.
(3) Auf diese Weise muss der
Beschwerdeführer in jeder von der Kammer beschlossenen mündlichen
Verhandlung vertreten sein, wenn der Kammerpräsident ihm nicht
ausnahmsweise erlaubt, seine Interessen selbst zu vertreten, falls
erforderlich mit Unterstützung eines Rechtsbeistands oder einer
anderen zugelassenen Person.
(4)
a) Der nach den Absätzen 2 und 3 im
Namen des Beschwerdeführers handelnde Vertreter muss ein in einer
Vertragspartei zugelassener Rechtsbeistand mit Wohnsitz im
Hoheitsgebiet einer Vertragspartei sein oder aber eine andere
Person, die der Kammerpräsident zulässt.
b) Unter außergewöhnlichen
Umständen kann der Kammerpräsident, wenn er der Meinung ist, dass
die Umstände oder das Verhalten des Rechtsbeistands oder der anderen
Person, die nach dem vorangehenden Buchstaben bestellt wurden, es
rechtfertigen, zu jedem Zeitpunkt des Verfahrens bestimmen, dass der
Rechtsbeistand oder diese Person den Beschwerdeführer nicht mehr
vertreten oder unterstützen darf und dieser einen anderen Vertreter
suchen muss.
(5)
a) Der Rechtsbeistand oder der
andere zugelassene Vertreter des Beschwerdeführers oder der
Beschwerdeführer selbst, der darum ersucht, seine Interessen selbst
vertreten zu dürfen, muss, auch wenn ihm eine Erlaubnis nach
Buchstabe b erteilt wird, eine der Amtssprachen des Gerichtshofs
hinreichend verstehen.
b) Verfügt der Betreffende nicht
über hinreichende Kenntnisse, um sich in einer der Amtssprachen des
Gerichtshofs auszudrücken, so kann ihm der Kammerpräsident nach
Artikel 34 Absatz 3 den Gebrauch einer der Amtssprachen der
Vertragsstaaten erlauben.
Artikel 37: Mitteilungen,
Zustellungen, Ladungen
(1) Mitteilungen und Zustellungen
an die Prozessbevollmächtigten oder die Rechtsbeistände der Parteien
gelten als an die Parteien gerichtet.
(2) Hält der Gerichtshof für eine
Mitteilung, Zustellung oder Ladung, die an eine andere Person als
die Prozessbevollmächtigten oder Rechtsbeistände der Parteien
gerichtet ist, die Mitwirkung der Regierung des Staates für
erforderlich, in dessen Hoheitsgebiet die Mitteilung, Zustellung
oder Ladung Wirkung entfalten soll, so wendet sich der Präsident des
Gerichtshofs unmittelbar an diese Regierung, um die notwendige
Unterstützung zu erhalten.
Artikel 38: Schriftsätze
(1) Schriftsätze und andere
Unterlagen können nur innerhalb der Frist eingereicht werden, die je
nach Fall vom Kammerpräsidenten oder vom Berichterstatter nach
Maßgabe dieser Verfahrensordnung hierfür bestimmt wird. Schriftsätze
und andere Unterlagen, die nach Ablauf dieser Frist oder unter
Missachtung einer nach Artikel 32 ergangenen Verfahrensanordnung
eingereicht werden, finden keinen Eingang in die Verfahrensakten,
wenn der Kammerpräsident nichts anderes bestimmt.
(2) Für die Berechnung der in
Absatz 1 genannten Frist ist das belegte Datum der Absendung des
Schriftstücks oder, falls ein solches Datum fehlt, das Datum des
Eingangs bei der Kanzlei maßgebend.
Artikel 38a: Prüfung von
Verfahrensfragen
Von der Kammer zu entscheidende
Verfahrensfragen werden gleichzeitig mit der Prüfung der Rechtssache
beraten, wenn der Kammerpräsident nichts anderes bestimmt.
Artikel 39: Vorläufige Maßnahmen
(1) Die Kammer oder gegebenenfalls
ihr Präsident kann auf Antrag einer Partei oder jeder anderen
betroffenen Person sowie von Amts wegen gegenüber den Parteien
vorläufige Maßnahmen bezeichnen, die im Interesse der Parteien oder
eines ordnungsgemäßen Verfahrensablaufs ergriffen werden sollten.
(2) Das Ministerkomitee ist darüber
zu informieren.
(3) Die Kammer kann von den
Parteien Informationen zu Fragen der Durchführung der vorläufigen
Maßnahmen anfordern, die sie bezeichnet hat.
Artikel 40: Dringliche Mitteilung
über eine Beschwerde
In dringenden Fällen kann der
Kanzler vorbehaltlich anderer verfahrensrechtlicher Maßnahmen mit
Erlaubnis des Kammerpräsidenten eine betroffene Vertragspartei durch
jedes verfügbare Mittel über die Erhebung einer Beschwerde
informieren und ihr zusammenfassende Angaben über deren Gegenstand
machen.
Artikel 41: Reihenfolge bei der
Behandlung der Beschwerden
Beschwerden werden in der
Reihenfolge behandelt, in der sie für die Prüfung reif sind. Die
Kammer oder ihr Präsident kann jedoch beschließen, eine bestimmte
Beschwerde vorrangig zu behandeln.
Artikel 42: Verbindung und
gleichzeitige Prüfung von Beschwerden
(1) Die Kammer kann auf Antrag der
Parteien oder von Amts wegen die Verbindung mehrerer Beschwerden
anordnen.
(2) Der Kammerpräsident kann
unbeschadet der Entscheidung der Kammer über die Verbindung der
Beschwerden nach Anhörung der Parteien die gleichzeitige Prüfung von
Beschwerden anordnen, die derselben Kammer zugeteilt werden.
Artikel 43: Streichung und
Wiedereintragung im Register
(1) Der Gerichtshof kann jederzeit
während des Verfahrens entscheiden, eine Beschwerde nach Artikel 37
der Konvention in seinem Register zu streichen.
(2) Teilt eine Beschwerde führende
Vertragspartei dem Kanzler ihre Absicht mit, ihre Beschwerde nicht
weiterzuverfolgen, so kann die Kammer diese Beschwerde nach Artikel
37 der Konvention im Register streichen, wenn die andere betroffene
Vertragspartei oder die anderen betroffenen Vertragsparteien mit der
Nichtweiterverfolgung einverstanden sind.
(3) Die Entscheidung, eine für
zulässig erklärte Beschwerde im Register zu streichen, ergeht in
Form eines Urteils. Der Kammerpräsident übermittelt dieses Urteil,
sobald es endgültig ist, dem Ministerkomitee, damit dieses nach
Artikel 46 Absatz 2 der Konvention die Erfüllung von Verpflichtungen
überwachen kann, die gegebenenfalls zur Bedingung für die
Nichtweiterverfolgung der Beschwerde, die gütliche Einigung oder die
Beilegung der Streitigkeit gemacht worden sind.
(4) Wird eine Beschwerde im
Register gestrichen, so befindet der Gerichtshof über die
Kostenfrage. Ergeht die Kostenentscheidung im Rahmen einer
Entscheidung, mit der eine nicht für zulässig erklärte Beschwerde im
Register gestrichen wird, so übermittelt der Kammerpräsident die
Entscheidung dem Ministerkomitee.
(5) Der Gerichtshof kann die
Wiedereintragung einer Beschwerde in das Register beschließen, wenn
er dies wegen außergewöhnlicher Umstände für gerechtfertigt hält.
Artikel 44: Beteiligung Dritter
Abs.1:
a) Wird eine nach Artikel 34 der
Konvention erhobene Beschwerde der beschwerdegegnerischen
Vertragspartei nach Artikel 54 Absatz 2 Buchstabe b zur Kenntnis
gebracht, so übermittelt der Kanzler gleichzeitig eine Kopie der
Beschwerde jeder anderen Vertragspartei, deren Staatsangehörigkeit
ein Beschwerdeführer besitzt. Ebenso unterrichtet er diese
Vertragsparteien über eine Entscheidung, in dieser Rechtssache eine
mündliche Verhandlung durchzuführen.
b) Möchte eine Vertragspartei von
ihrem Recht auf schriftliche Stellungnahme oder auf Teilnahme an
mündlichen Verhandlungen nach Artikel 36 Absatz 1 der Konvention
Gebrauch machen, so hat sie dies dem Kanzler spätestens zwölf Wochen
nach der Übermittlung oder Unterrichtung nach Buchstabe a
schriftlich anzuzeigen. Der Kammerpräsident kann ausnahmsweise eine
andere Frist bestimmen.
Abs.2:
a) Ist eine Beschwerde der
beschwerdegegnerischen Vertragspartei nach Artikel 51 Absatz 1 oder
Artikel 54 Absatz 2 Buchstabe b zur Kenntnis gebracht worden, so
kann der Kammerpräsident im Interesse der Rechtspflege, wie in
Artikel 36 Absatz 2 der Konvention vorgesehen, jede Vertragspartei,
die in dem Verfahren nicht Partei ist, oder jede betroffene Person,
die nicht Beschwerdeführer ist, auffordern oder ermächtigen,
schriftlich Stellung zu nehmen oder, falls außergewöhnliche Umstände
vorliegen, an der mündlichen Verhandlung teilzunehmen.
b) Anträge auf eine solche
Ermächtigung müssen mit einer gebührenden Begründung versehen und
spätestens zwölf Wochen, nachdem die Beschwerde der
beschwerdegegnerischen Vertragspartei zur Kenntnis gebracht worden
ist, schriftlich nach Artikel 34 Absatz 4 in einer der Amtssprachen
eingereicht werden. Der Kammerpräsident kann ausnahmsweise eine
andere
Frist bestimmen.
Abs.3:
a) In Rechtssachen, die von der
Großen Kammer zu prüfen sind, beginnen die in den Absätzen 1 und 2
bestimmten Fristen mit der Zustellung der Entscheidung der Kammer,
die Rechtssache nach Artikel 72 Absatz 1 an die Große Kammer
abzugeben, oder der Entscheidung des Ausschusses der Großen Kammer
nach Artikel 73 Absatz 2, den Antrag einer Partei auf Verweisung der
Rechtssache an die Große Kammer anzunehmen, an die Parteien.
b) Die in diesem Artikel bestimmten
Fristen können vom Kammerpräsidenten ausnahmsweise verlängert
werden, wenn hinreichende Gründe angeführt werden.
Abs.4: Die Aufforderung oder
Ermächtigung nach Absatz 2 Buchstabe a ist auch hinsichtlich der
Beachtung von Fristen an die vom Kammerpräsidenten festgelegten
Bedingungen geknüpft. Werden diese Bedingungen nicht eingehalten, so
kann der Präsident beschließen, die Stellungnahmen nicht in die
Verfahrensakten aufzunehmen oder die Teilnahme an der mündlichen
Verhandlung zu beschränken, soweit er dies für angebracht hält.
Abs.5: Schriftliche Stellungnahmen
nach diesem Artikel müssen nach Artikel 34 Absatz 4 in einer der
Amtssprachen abgefasst sein. Der Kanzler übermittelt die
Stellungnahmen den Parteien; diese können unter Einhaltung der vom
Kammerpräsidenten bestimmten Bedingungen, einschließlich der
Fristen, schriftlich oder gegebenenfalls in der mündlichen
Verhandlung darauf erwidern.
Artikel 44a: Pflicht zur
Zusammenarbeit mit dem Gerichtshof
Die Parteien sind verpflichtet, bei
der Durchführung des Verfahrens mit dem Gerichtshof in vollem Umfang
zusammenzuarbeiten und insbesondere alle Maßnahmen, soweit sie in
ihrer Macht stehen, zu treffen, die der Gerichtshof für eine
geordnete Rechtspflege für erforderlich hält. Diese Verpflichtung
gilt erforderlichenfalls auch für eine Vertragspartei, die in dem
Verfahren nicht Partei ist.
Artikel 44b: Nichtbefolgung einer
Anordnung des Gerichtshofs
Befolgt eine Partei eine Anordnung
des Gerichtshofs in Bezug auf die Durchführung des Verfahrens nicht,
so kann der Kammerpräsident alle Maßnahmen treffen, die er für
angebracht hält.
Artikel 44c: Fehlende Mitwirkung
(1) Bringt eine Partei vom
Gerichtshof erbetene Beweise oder Informationen nicht bei oder gibt
sie sachdienliche Informationen nicht von sich aus weiter oder lässt
sie es in anderer Weise an einer Mitwirkung in dem Verfahren fehlen,
so kann der Gerichtshof daraus die ihm angebracht erscheinenden
Schlüsse ziehen.
(2) Unterlässt oder verweigert eine
beschwerdegegnerische Vertragspartei in dem Verfahren die
Mitwirkung, so ist dies für sich genommen kein Grund für die Kammer,
die Prüfung der Beschwerde einzustellen.
Artikel 44d
Unangemessene Stellungnahmen einer
Partei
Gibt der Vertreter einer Partei
missbräuchliche, leichtfertige, schikanöse, irreführende oder
weitschweifige Stellungnahmen ab, so kann der Kammerpräsident
unbeschadet des Artikels 35 Absatz 3 der Konvention diesen Vertreter
von dem Verfahren ausschließen, die Annahme der Stellungnahmen ganz
oder teilweise verweigern oder eine andere ihm angebracht
erscheinende Anordnung treffen.
Artikel 44e
Nichtweiterverfolgung einer
Beschwerde
Beabsichtigt eine Beschwerde
führende Vertragspartei oder ein Individualbeschwerdeführer nicht,
die Beschwerde weiterzuverfolgen, so kann die Kammer im Einklang mit
Artikel 37 Absatz 1 Buchstabe a der Konvention die Beschwerde nach
Artikel 43 dieser Verfahrensordnung im Register streichen.
Kapitel II
Die
Einleitung des Verfahrens
Artikel 45: Unterschriften
(1) Beschwerden nach Artikel 33
oder 34 der Konvention müssen schriftlich eingereicht und vom
Beschwerdeführer oder seinem Vertreter unterzeichnet werden.
(2) Wird eine Beschwerde von einer
nichtstaatlichen Organisation oder einer Personengruppe eingereicht,
so ist sie von den zur Vertretung dieser Organisation oder Gruppe
berechtigten Personen zu unterzeichnen. Die zuständige Kammer oder
das zuständige Komitee entscheidet über Fragen zur Berechtigung der
Unterzeichner.
(3) Wird ein Beschwerdeführer nach
Artikel 36 vertreten, so ist von seinem Vertreter oder seinen
Vertretern eine schriftliche Vollmacht vorzulegen.
Artikel 46: Inhalt einer
Staatenbeschwerde
Jede Vertragspartei, die dem
Gerichtshof eine Rechtssache nach Artikel 33 der Konvention vorlegen
will, reicht bei der Kanzlei eine Beschwerde ein, die folgende
Angaben enthält:
a) den Namen der Vertragspartei,
gegen die sich die Beschwerde richtet;
b) eine Darstellung des
Sachverhalts;
c) eine Darstellung der behaupteten
Verletzungen der Konvention mit Begründung;
d) eine Darstellung betreffend die
Erfüllung der Zulässigkeitskriterien nach Artikel 35 Absatz 1 der
Konvention (Erschöpfung der innerstaatlichen Rechtsmittel7 und
Einhaltung der Sechsmonats-Frist);
e) den Gegenstand der Beschwerde
sowie gegebenenfalls allgemeine Angaben zu Ansprüchen auf eine
gerechte Entschädigung nach Artikel 41 der Konvention zugunsten der
angeblich verletzten Partei oder Parteien;
f) den Namen und die Adresse der
zu(m) Prozessbevollmächtigten bestimmten Person oder Personen;
beizufügen sind
g) Kopien aller einschlägigen
Unterlagen, insbesondere der gerichtlichen oder sonstigen
Entscheidungen, die sich auf den Gegenstand der Beschwerde beziehen.
Artikel 47: Inhalt einer
Individualbeschwerde
(1) Beschwerden nach Artikel 34 der
Konvention sind unter Verwendung des von der Kanzlei zur Verfügung
gestellten Formulars einzureichen, wenn der Präsident der
zuständigen Sektion nichts anderes bestimmt. Das Formular enthält
a) den Namen, das Geburtsdatum, die
Staatsangehörigkeit, das Geschlecht, den Beruf und die Adresse des
Beschwerdeführers;
b) gegebenenfalls den Namen, den
Beruf und die Adresse seines Vertreters;
c) die Vertragspartei oder
Vertragsparteien, gegen die sich die Beschwerde richtet;
d) eine kurze Darstellung des
Sachverhalts;
e) eine kurze Darstellung der
behaupteten Verletzungen der Konvention mit Begründung;
f) eine kurze Darstellung
betreffend die Erfüllung der Zulässigkeitskriterien nach Artikel 35
Absatz 1 der Konvention durch den Beschwerdeführer (Erschöpfung der
innerstaatlichen Rechtsbehelfe und Einhaltung der
Sechs-Monats-Frist);
g) den Gegenstand der Beschwerde;
beizufügen sind
h) Kopien aller einschlägigen
Unterlagen, insbesondere der gerichtlichen oder sonstigen
Entscheidungen, die sich auf den Gegenstand der Beschwerde beziehen.
(2) Der Beschwerdeführer hat ferner
a) alle Unterlagen, insbesondere
die in Absatz 1 Buchstabe h genannten Unterlagen und Entscheidungen
beizubringen, die die Feststellung erlauben, dass die
Zulässigkeitskriterien nach Artikel 35 Absatz 1 der Konvention
erfüllt sind (Erschöpfung der innerstaatlichen Rechtsbehelfe und
Einhaltung der Sechsmonats-Frist);
b) mitzuteilen, ob er seinen Fall
einer anderen internationalen Untersuchungs- oder Beschwerdeinstanz
vorgelegt hat.
(3) Ein Beschwerdeführer, der nicht
wünscht, dass seine Identität offen gelegt wird, hat dies
mitzuteilen und die Gründe darzulegen, die eine Abweichung von der
gewöhnlichen Regel rechtfertigen, nach der das Verfahren vor dem
Gerichtshof öffentlich ist. Der Kammerpräsident kann dem
Beschwerdeführer in außergewöhnlichen, gebührend begründeten Fällen
erlauben, anonym zu bleiben.
(4) Die Nichteinhaltung der
Verpflichtungen nach den Absätzen 1 und 2 kann dazu führen, dass die
Beschwerde vom Gerichtshof nicht geprüft wird.
(5) Als Datum der
Beschwerdeerhebung ist in der Regel das Datum der ersten Mitteilung
des Beschwerdeführers anzusehen, in welcher der Gegenstand der
Beschwerde - sei es auch nur zusammenfassend - dargelegt wird. Der
Gerichtshof kann jedoch entscheiden, dass ein anderes Datum gilt,
wenn er dies für gerechtfertigt hält.
(6) Der Beschwerdeführer hat den
Gerichtshof über jede Änderung seiner Adresse und jeden für die
Prüfung seiner Beschwerde erheblichen Umstand zu informieren.
(Deutschland und die Schweiz:
Rechtsbehelfe)
Kapitel
III
Die
Bericht erstattenden Richter
Artikel 48: Staatenbeschwerden
(1) Bei einer Anrufung des
Gerichtshofs nach Artikel 33 der Konvention benennt die zur Prüfung
der Beschwerde gebildete Kammer nach Eingang der Schriftsätze der
betroffenen Vertragsparteien eines oder mehrere ihrer Mitglieder als
Bericht erstattende Richter und beauftragt diese, einen Bericht über
die Zulässigkeit vorzulegen.
(2) Der oder die Bericht
erstattenden Richter legen der Kammer die Berichte, Textentwürfe und
anderen Unterlagen vor, die der Kammer und ihrem Präsidenten bei der
Erfüllung ihrer Aufgaben nützlich sein können.
Artikel 49: Individualbeschwerden
(1) Wird schon aus dem vom
Beschwerdeführer vorgelegten Material hinreichend deutlich, dass die
Beschwerde unzulässig ist oder im Register gestrichen werden sollte,
so wird die Beschwerde von einem Komitee geprüft, sofern nicht ein
besonderer Grund dagegen spricht.
(2) Wird der Gerichtshof nach
Artikel 34 der Konvention mit einer Beschwerde befasst und erscheint
ihre Prüfung durch eine Kammer gerechtfertigt, so benennt der
Präsident der Sektion, der die Beschwerde zugewiesen wird, einen
Richter, der die Beschwerde als Bericht erstattender Richter prüfen
soll.
(3) Im Rahmen seiner Prüfung
a) kann der Bericht erstattende
Richter die Parteien ersuchen, innerhalb einer bestimmten Frist
Auskünfte bezüglich des Sachverhalts zu erteilen und Unterlagen oder
anderes Material vorzulegen, soweit er dies für zweckdienlich hält;
b) entscheidet der Bericht
erstattende Richter, ob die Beschwerde von einem Komitee oder einer
Kammer geprüft wird, wobei der Sektionspräsident die Prüfung durch
eine Kammer anordnen kann;
c) legt der Bericht erstattende
Richter die Berichte, Textentwürfe und anderen Unterlagen vor, die
der Kammer oder ihrem Präsidenten bei der Erfüllung ihrer Aufgaben
nützlich sein können.
Artikel 50: Verfahren vor der
Großen Kammer
Wird eine Rechtssache nach Artikel
30 oder 43 der Konvention an die Große Kammer verwiesen, so bestellt
der Präsident der Großen Kammer eines, bei einer Staatenbeschwerde
eines oder mehrere ihrer Mitglieder als Bericht erstattende Richter.
Kapitel IV
Das Verfahren bei der Prüfung der
Zulässigkeit
Staatenbeschwerden
Artikel 51: Zuweisung von
Beschwerden und anschließendes Verfahren
(1) Wird eine Beschwerde nach
Artikel 33 der Konvention erhoben, so bringt sie der Präsident des
Gerichtshofs umgehend der beschwerdegegnerischen Vertragspartei zur
Kenntnis und weist sie einer der Sektionen zu.
(2) Die für die Beschwerde führende
und die beschwerdegegnerische Vertragspartei gewählten Richter
gehören der für die Prüfung der Rechtssache gebildeten Kammer nach
Artikel 26 Absatz 1 Buchstabe a von Amts wegen an. Wird die
Beschwerde von mehreren Vertragsparteien erhoben oder werden von
(Deutschland: Die Bericht erstattenden Richter; Liechtenstein und
die Schweiz: Die Referenten) mehreren Vertragsparteien erhobene
Beschwerden gleichen Gegenstands nach Artikel 42 verbunden, so
findet Artikel 30 Anwendung.
(3) Sobald die Rechtssache einer
Sektion zugewiesen ist, bildet der Sektionspräsident nach Artikel 26
Absatz 1 die Kammer und fordert die beschwerdegegnerische
Vertragspartei auf, ihren Schriftsatz zur Zulässigkeit der
Beschwerde vorzulegen. Der Kanzler übermittelt den Schriftsatz der
Beschwerde führenden Vertragspartei; diese kann darauf schriftlich
erwidern.
(4) Vor der Entscheidung über die
Zulässigkeit der Beschwerde kann die Kammer oder ihr Präsident
beschließen, die Parteien zur Abgabe weiterer schriftlicher
Stellungnahmen aufzufordern.
(5) Eine mündliche Verhandlung über
die Zulässigkeit findet statt, wenn eine oder mehrere der
betroffenen Vertragsparteien es beantragen oder wenn es die Kammer
von Amts wegen beschließt.
(6) Der Kammerpräsident hört die
Parteien an, bevor er das schriftliche und gegebenenfalls das
mündliche Verfahren bestimmt.
Individualbeschwerden
Artikel 52: Zuweisung einer
Beschwerde an eine Sektion
(1) Der Präsident des Gerichtshofs
weist jede nach Artikel 34 der Konvention erhobene Beschwerde einer
Sektion zu; er achtet dabei auf eine gerechte Verteilung der
Arbeitslast auf die Sektionen.
(2) Der Präsident der betroffenen
Sektion bildet nach Artikel 26 Absatz 1 dieser Verfahrensordnung die
in Artikel 27 Absatz 1 der Konvention vorgesehene Kammer mit sieben
Richtern.
(3) Bis die Kammer nach Absatz 2
gebildet ist, werden die Befugnisse, die diese Verfahrensordnung dem
Kammerpräsidenten überträgt, vom Sektionspräsidenten ausgeübt.
Artikel 53: Verfahren vor einem
Komitee
(1) Ist der für eine
beschwerdegegnerische Vertragspartei gewählte Richter nicht Mitglied
des Komitees, so kann er gebeten werden, an dessen Beratungen
teilzunehmen.
(2) Nach Artikel 28 der Konvention
kann das Komitee durch einstimmigen Beschluss eine Beschwerde für
unzulässig erklären oder im Register streichen, wenn eine solche
Entscheidung ohne weitere Prüfung getroffen werden kann. Die
Entscheidung ist endgültig. Sie wird dem Beschwerdeführer brieflich
zur Kenntnis gebracht.
(3) Trifft das Komitee keine
Entscheidung nach Absatz 2, so übermittelt es die Beschwerde der
Kammer, die nach Artikel 52 Absatz 2 zur Prüfung der Rechtssache
gebildet wurde.
Artikel 54: Verfahren vor einer
Kammer
(1) Die Kammer kann die Beschwerde
sofort für unzulässig erklären oder im Register streichen.
(2) Andernfalls kann die Kammer
oder ihr Präsident
a) die Parteien ersuchen, Auskünfte
bezüglich des Sachverhalts zu erteilen und Unterlagen oder anderes
Material vorzulegen, welche die Kammer oder ihr Präsident für
zweckdienlich hält;
b) der beschwerdegegnerischen
Vertragspartei die Beschwerde zur Kenntnis bringen und diese
auffordern, schriftlich Stellung zu nehmen, und nach Eingang der
Stellungnahme den Beschwerdeführer auffordern, darauf zu erwidern;
c) die Parteien auffordern, weitere
schriftliche Stellungnahmen abzugeben.
(3) Bevor die Kammer über die
Zulässigkeit entscheidet, kann sie auf Antrag einer Partei oder von
Amts wegen beschließen, eine mündliche Verhandlung durchzuführen,
wenn sie der Auffassung ist, dass dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben
nach der Konvention erforderlich ist. In diesem Fall werden die
Parteien auch aufgefordert, sich zur Begründetheit der Beschwerde zu
äußern, wenn die Kammer nicht ausnahmsweise etwas anderes bestimmt.
Artikel 54a: Gemeinsame Prüfung der
Zulässigkeit und Begründetheit
(1) Wenn die Kammer der
beschwerdegegnerischen Vertragspartei die Beschwerde nach Artikel 54
Absatz 2 Buchstabe b zur Kenntnis bringt, kann sie nach Artikel 29
Absatz 3 der Konvention auch beschließen, die Zulässigkeit und
Begründetheit gleichzeitig zu prüfen. In diesem Fall werden die
Parteien aufgefordert, sich in ihren Stellungnahmen auch zur Frage
einer gerechten Entschädigung zu äußern und gegebenenfalls
Vorschläge für eine gütliche Einigung zu unterbreiten. Die
Voraussetzungen nach den Artikeln 60 und 62 gelten entsprechend.
(2) Erzielen die Parteien keine
gütliche Einigung und auch keine andere Lösung und ist die Kammer in
Anbetracht der Stellungnahmen der Parteien überzeugt, dass die
Rechtssache zulässig und für eine Entscheidung über die
Begründetheit reif ist, so fällt sie sofort ein Urteil, das die
Entscheidung der Kammer über die Zulässigkeit umfasst.
(3) Soweit die Kammer dies für
angebracht hält, kann sie nach Unterrichtung der Parteien sofort ein
Urteil fällen, das die Entscheidung über die Zulässigkeit umfasst,
ohne zuvor das Verfahren nach Absatz 1 durchzuführen.
Staatenbeschwerden und Individualbeschwerden
Artikel 55: Einreden der
Unzulässigkeit
Einreden der Unzulässigkeit müssen,
soweit ihre Natur und die Umstände es zulassen, von der
beschwerdegegnerischen Vertragspartei in ihren nach Artikel 51 oder
54 abgegebenen schriftlichen oder mündlichen Stellungnahmen zur
Zulässigkeit der Beschwerde vorgebracht werden.
Artikel 56: Entscheidung der Kammer
(1) In der Entscheidung der Kammer
ist anzugeben, ob sie einstimmig oder durch Mehrheitsbeschluss
getroffen wurde; sie ist gleichzeitig oder später zu begründen.
(2) Der Kanzler teilt die
Entscheidung der Kammer dem Beschwerdeführer mit. Sie wird auch der
oder den betroffenen Vertragspartei(en) und jedem Drittbeteiligten
mitgeteilt, soweit diesen zuvor die Beschwerde nach dieser
Verfahrensordnung zur Kenntnis gebracht wurde.
Artikel 57: Sprache der
Entscheidung
(1) Der Gerichtshof erlässt seine
Kammerentscheidungen in englischer oder französischer Sprache, wenn
er nicht beschließt, eine Entscheidung in beiden Amtssprachen zu
erlassen.
(2) Die in Artikel 78 vorgesehene
Veröffentlichung der Entscheidungen in der amtlichen Sammlung des
Gerichtshofs erfolgt in beiden Amtssprachen des Gerichtshofs.
Kapitel V
Das
Verfahren nach Zulassung der Beschwerde
Artikel 58: Staatenbeschwerden
(1) Sobald die Kammer eine nach
Artikel 33 der Konvention erhobene Beschwerde zugelassen hat,
bestimmt der Kammerpräsident nach Anhörung der betroffenen
Vertragsparteien die Fristen für die Einreichung der schriftlichen
Stellungnahmen zur Begründetheit und für die Vorlage zusätzlicher
Beweismittel. Der Präsident kann jedoch mit Einverständnis der
betroffenen Vertragsparteien auf die Durchführung eines
schriftlichen Verfahrens verzichten.
(2) Eine mündliche Verhandlung über
die Begründetheit findet statt, wenn eine oder mehrere der
betroffenen Vertragsparteien dies beantragen oder wenn die Kammer es
von Amts wegen beschließt. Der Kammerpräsident bestimmt das
Verfahren.
Artikel 59: Individualbeschwerden
(1) Sobald eine nach Artikel 34 der
Konvention erhobene Beschwerde für zulässig erklärt ist, kann die
Kammer oder ihr Präsident die Parteien auffordern, weitere
Beweismittel oder schriftliche Stellungnahmen vorzulegen.
(2) Soweit nicht anders
entschieden, wird jeder Partei für ihre Stellungnahme dieselbe Frist
eingeräumt.
(3) Die Kammer kann auf Antrag
einer Partei oder von Amts wegen beschließen, eine mündliche
Verhandlung über die Begründetheit durchzuführen, wenn sie der
Auffassung ist, dass dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach der
Konvention erforderlich ist.
(4) Der Kammerpräsident bestimmt
gegebenenfalls das schriftliche und das mündliche Verfahren.
Artikel 60: Ansprüche auf gerechte
Entschädigung
(1) Ein Beschwerdeführer, der will,
dass ihm der Gerichtshof nach Artikel 41 der Konvention eine
gerechte Entschädigung zuspricht, falls er eine Verletzung seiner
Rechte aus der Konvention feststellt, muss einen entsprechenden
Anspruch ausdrücklich geltend machen.
(2) Soweit der Kammerpräsident
nicht etwas anderes anordnet, muss der Beschwerdeführer innerhalb
der Frist, die für seine Stellungnahme zur Begründetheit bestimmt
wurde, alle Ansprüche unter Beifügung einschlägiger Belege beziffert
und nach Rubriken geordnet geltend machen.
(3) Erfüllt der Beschwerdeführer
die in den Absätzen 1 und 2 genannten Anforderungen nicht, so kann
die Kammer die Ansprüche ganz oder teilweise zurückweisen.
(4) Die Ansprüche des
Beschwerdeführers werden der beschwerdegegnerischen Regierung zur
Stellungnahme übermittelt.
(Artikel 61:aufgehoben)
Artikel 62: Gütliche Einigung
(1) Sobald eine Beschwerde für
zulässig erklärt ist, nimmt der Kanzler nach den Weisungen der
Kammer oder ihres Präsidenten nach Artikel 38 Absatz 1 Buchstabe b
der Konvention Kontakt mit den Parteien auf, um eine gütliche
Einigung zu erzielen. Die Kammer trifft alle geeigneten Maßnahmen,
um eine solche Einigung zu erleichtern.
(2) Die im Hinblick auf eine
gütliche Einigung geführten Verhandlungen sind nach Artikel 38
Absatz 2 der Konvention vertraulich und erfolgen unbeschadet der
Stellungnahmen der Parteien im streitigen Verfahren. Im Rahmen
dieser Verhandlungen geäußerte schriftliche oder mündliche
Mitteilungen, Angebote oder Eingeständnisse dürfen im streitigen
Verfahren nicht erwähnt oder geltend gemacht werden.
(3) Erfährt die Kammer durch den
Kanzler, dass die Parteien eine gütliche Einigung erreicht haben, so
streicht sie die Rechtssache nach Artikel 43 Absatz 3 im Register,
nachdem sie sich vergewissert hat, dass diese Einigung auf der
Grundlage der Achtung der Menschenrechte getroffen wurde, wie sie in
der Konvention und ihren Protokollen anerkannt sind.
(4) Auf das Verfahren nach Artikel
54A sind die Absätze 2 und 3 entsprechend anzuwenden.
Kapitel VI
Die
mündliche Verhandlung
Artikel 63: Öffentlichkeit der
mündlichen Verhandlung
(1) Die mündliche Verhandlung ist
öffentlich, soweit nicht die Kammer nach Absatz 2 aufgrund
besonderer Umstände anders entscheidet, sei es von Amts wegen, sei
es auf Antrag einer Partei oder einer anderen betroffenen Person.
(2) Presse und Öffentlichkeit
können während der ganzen oder eines Teiles einer mündlichen
Verhandlung ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral,
der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer
demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von
Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es
verlangen oder - soweit die Kammer es für unbedingt erforderlich
hält - wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung
die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde.
(3) Anträge auf Ausschluss der
Öffentlichkeit nach Absatz 1 sind zu begründen; dabei ist anzugeben,
ob dies für die mündliche Verhandlung insgesamt oder teilweise
gelten soll.
Artikel 64: Leitung der mündlichen
Verhandlung
(1) Der Kammerpräsident organisiert
und leitet die mündliche Verhandlung und bestimmt die Reihenfolge,
in der den vor der Kammer auftretenden Personen das Wort erteilt
wird.
(2) Jeder Richter kann jeder vor
der Kammer auftretenden Person Fragen stellen.
Artikel 65: Nichterscheinen
Erscheint eine Partei oder eine
andere Person, die erscheinen sollte, nicht oder weigert sie sich zu
erscheinen, so kann die Kammer die mündliche Verhandlung gleichwohl
durchführen, wenn ihr dies mit einer geordneten Rechtspflege
vereinbar erscheint.
(Artikel 66 bis 69: aufgehoben)
Artikel 70: Verhandlungsprotokoll
(1) Wenn der Kammerpräsident dies
anordnet, wird über die mündliche Verhandlung unter der
verantwortlichen Leitung des Kanzlers ein Protokoll angefertigt. Das
Protokoll enthält
a) die Zusammensetzung der Kammer;
b) die Liste der erschienenen
Personen;
c) den Wortlaut der abgegebenen
Stellungnahmen, gestellten Fragen und erhaltenen Antworten;
d) den Wortlaut aller während der
Verhandlung verkündeten Entscheidungen.
(2) Ist das Protokoll insgesamt
oder teilweise nicht in einer der Amtssprachen abgefasst, so sorgt
der Kanzler für die Übersetzung in eine der Amtssprachen.
(3) Die Vertreter der Parteien
erhalten eine Kopie des Protokolls, um dieses berichtigen zu können,
wobei sie Sinn und Tragweite des in der Verhandlung Gesagten nicht
ändern dürfen; die Berichtigung wird vom Kanzler oder
Kammerpräsidenten überprüft. Der Kanzler bestimmt auf Anweisung des
Kammerpräsidenten die Frist für die Berichtigung.
(4) Nach dieser Berichtigung wird
das Protokoll vom Kammerpräsidenten und vom Kanzler unterzeichnet
und ist dann für seinen Inhalt beweiskräftig.
Kapitel
VII
Das
Verfahren vor der Großen Kammer
Artikel 71: Anwendbarkeit der
Verfahrensvorschriften
(1) Auf das Verfahren vor der
Großen Kammer sind die für die Kammern geltenden Vorschriften
entsprechend anzuwenden.
(2) Die Befugnisse, die einer
Kammer nach den Artikeln 54 Absatz 3 und 59 Absatz 3 in Bezug auf
die Durchführung einer mündlichen Verhandlung übertragen sind,
können in Verfahren vor der Großen Kammer auch vom Präsidenten der
Großen Kammer ausgeübt werden.
Artikel 72: Abgabe der Rechtssache
an die Große Kammer
(1) Wirft eine bei einer Kammer
anhängige Rechtssache eine schwerwiegende Frage der Auslegung der
Konvention oder ihrer Protokolle auf oder kann die Entscheidung
einer ihr vorliegenden Frage zu einer Abweichung von einem früheren
Urteil des Gerichtshofs führen, so kann die Kammer diese Sache nach
Artikel 30 der Konvention jederzeit, bevor sie ihr Urteil gefällt
hat, an die Große Kammer abgeben, wenn nicht eine Partei nach Absatz
2 widerspricht. Die Entscheidung, die Sache abzugeben, braucht nicht
begründet zu werden.
(2) Der Kanzler teilt den Parteien
die Absicht der Kammer mit, die Rechtssache abzugeben. Die Parteien
haben danach einen Monat Zeit, um der Kanzlei schriftlich ihren
gebührend begründeten Einspruch zu unterbreiten. Ein Einspruch, der
diese Voraussetzungen nicht erfüllt, wird von der Kammer als
unwirksam angesehen.
Artikel 73: Verweisung an die Große
Kammer auf Antrag einer Partei
(1) Nach Artikel 43 der Konvention
kann jede Partei in Ausnahmefällen innerhalb von drei Monaten nach
dem Datum der Verkündung des Urteils einer Kammer bei der Kanzlei
schriftlich einen Antrag auf Verweisung der Rechtssache an die Große
Kammer stellen; sie hat dabei die schwerwiegende Frage der Auslegung
oder Anwendung der Konvention oder ihrer Protokolle oder die
schwerwiegende Frage von allgemeiner Bedeutung darzulegen, die ihrer
Meinung nach eine Prüfung durch die Große Kammer rechtfertigt.
(2) Ein nach Artikel 24 Absatz 5
gebildeter Ausschuss von fünf Richtern der Großen Kammer prüft den
Antrag ausschließlich auf der Grundlage der Akten. Er nimmt den
Antrag nur an, wenn er der Auffassung ist, der Fall werfe eine
solche Frage auf. Die Entscheidung, den Antrag abzulehnen, braucht
nicht begründet zu werden.
(3) Nimmt der Ausschuss den Antrag
an, so entscheidet die Große Kammer durch Urteil.
Kapitel
VIII
Die
Urteile
Artikel 74: Inhalt des Urteils
(1) Urteile nach den Artikeln 42
und 44 der Konvention enthalten
a) die Namen des Präsidenten und
der anderen Richter, aus denen sich die Kammer zusammensetzt, sowie
den Namen des Kanzlers oder des Stellvertretenden Kanzlers;
b) den Tag, an dem es gefällt, und
den Tag, an dem es verkündet wird;
c) die Bezeichnung der Parteien;
d) die Namen der
Prozessbevollmächtigten, Rechtsbeistände und Berater der Parteien;
e) die Darstellung des
Prozessverlaufs;
f) den Sachverhalt;
g) eine Zusammenfassung des
Vorbringens der Parteien;
h) die Entscheidungsgründe;
i) den Urteilstenor9;
j) gegebenenfalls die
Kostenentscheidung;
k) die Zahl der Richter, die die
Mehrheit gebildet haben;
l) gegebenenfalls die Angabe,
welche Sprachfassung maßgebend ist.
(2) Jeder Richter, der an der
Prüfung der Rechtssache mitgewirkt hat, ist berechtigt, dem Urteil
entweder eine Darlegung seiner zustimmenden oder abweichenden
persönlichen Meinung oder die bloße Feststellung seines abweichenden
Votums beizufügen.
Artikel 75: Entscheidung über eine
gerechte Entschädigung
(1) Stellt die Kammer eine
Verletzung der Konvention oder ihrer Protokolle fest, so entscheidet
sie im selben Urteil über die Anwendung des Artikels 41 der
Konvention, wenn ein entsprechender Anspruch nach Artikel 60
ausdrücklich geltend gemacht wurde und die Frage spruchreif ist;
andernfalls behält sich die Kammer die Beurteilung der Frage ganz
oder teilweise vor und bestimmt das weitere Verfahren.
(Liechtenstein: den Urteilsspruch;
Schweiz: das Dispositiv)
(2) Bei der Entscheidung über die
Anwendung des Artikels 41 der Konvention tagt die Kammer möglichst
in der gleichen Besetzung wie bei der Prüfung der Begründetheit. Ist
dies nicht möglich, so ergänzt oder bildet der Präsident des
Gerichtshofs die Kammer durch das Los.
(3) Spricht die Kammer eine
gerechte Entschädigung nach Artikel 41 der Konvention zu, so kann
sie beschließen, dass die zugesprochenen Beträge zu verzinsen sind,
wenn die Zahlung nicht innerhalb der Frist erfolgt, die sie setzt.
(4) Wird der Gerichtshof davon
unterrichtet, dass zwischen der in ihren Rechten verletzten Partei
und der verantwortlichen Vertragspartei eine Einigung erzielt worden
ist, so prüft er, ob die Einigung billig ist, und streicht
bejahendenfalls die Rechtssache nach Artikel 43 Absatz 3 im
Register
Artikel 76: Sprache des Urteils
(1) Der Gerichtshof erlässt seine
Urteile in englischer oder französischer Sprache, wenn er nicht
beschließt, ein Urteil in beiden Amtssprachen zu erlassen.
(2) Die in Artikel 78 vorgesehene
Veröffentlichung der Urteile in der amtlichen Sammlung des
Gerichtshofs erfolgt in beiden Amtssprachen des Gerichtshofs.
Artikel 77: Unterzeichnung,
Verkündung und Zustellung des Urteils
(1) Das Urteil wird vom
Kammerpräsidenten und vom Kanzler unterzeichnet.
(2) Es kann vom Kammerpräsidenten
oder einem von ihm beauftragten anderen Richter in öffentlicher
Sitzung verkündet werden. Den Prozessbevollmächtigten und Vertretern
der Parteien wird der Termin der Verkündung rechtzeitig mitgeteilt.
Andernfalls gilt die Übermittlung nach Absatz 3 als Verkündung.
(3) Das Urteil wird dem
Ministerkomitee zugeleitet. Der Kanzler übermittelt den Parteien,
dem Generalsekretär des Europarats, den Drittbeteiligten und allen
anderen unmittelbar betroffenen Personen eine beglaubigte Kopie. Das
ordnungsgemäß unterzeichnete und gesiegelte Original wird im Archiv
des Gerichtshofs verwahrt.
Artikel 78: Veröffentlichung der
Urteile und anderer Schriftstücke
Nach Artikel 44 Absatz 3 der
Konvention werden die endgültigen Urteile des Gerichtshofs unter der
Verantwortung des Kanzlers in geeigneter Form veröffentlicht. Der
Kanzler ist außerdem für die Herausgabe der amtlichen Sammlung
zuständig, die ausgewählte Urteile und Entscheidungen sowie sonstige
Schriftstücke enthält, deren Veröffentlichung der Präsident des
Gerichtshofs für zweckmäßig hält.
Artikel 79: Antrag auf Auslegung
des Urteils
(1) Jede Partei kann die Auslegung
eines Urteils innerhalb eines Jahres nach der Verkündung beantragen.
(2) Der Antrag ist bei der Kanzlei
einzureichen. Der Teil des Urteilstenors, dessen Auslegung begehrt
wird, ist darin genau anzugeben.
(3) Die ursprüngliche Kammer kann
selbständig beschließen, den Antrag abzuweisen, wenn kein Grund eine
Prüfung rechtfertigt. Ist es nicht möglich, die ursprüngliche Kammer
zusammenzusetzen, so bildet oder ergänzt der Präsident des
Gerichtshofs die Kammer durch das Los.
(4) Weist die Kammer den Antrag
nicht ab, so übermittelt ihn der Kanzler den anderen betroffenen
Parteien und gibt ihnen Gelegenheit, innerhalb der vom
Kammerpräsidenten bestimmten Frist schriftlich Stellung zu nehmen.
Der Kammerpräsident bestimmt auch den Termin der mündlichen
Verhandlung, wenn die Kammer beschließt, eine solche durchzuführen.
Die Kammer entscheidet durch Urteil.
Artikel 80: Antrag auf
Wiederaufnahme des Verfahrens
(1) Wird eine Tatsache bekannt, die
geeignet gewesen wäre, einen maßgeblichen Einfluss auf den Ausgang
einer bereits entschiedenen Rechtssache auszuüben, so kann eine
Partei, wenn diese Tatsache zum Zeitpunkt des Urteils dem
Gerichtshof unbekannt war und der Partei nach menschlichem Ermessen
nicht bekannt sein konnte, innerhalb von sechs Monaten, nachdem sie
von der Tatsache Kenntnis erhalten hat, beim Gerichtshof die
Wiederaufnahme des Verfahrens beantragen.
(2) Der Antrag muss das Urteil
bezeichnen, auf das sich der Wiederaufnahmeantrag bezieht, und die
Angaben enthalten, aus denen sich ergibt, dass die Voraussetzungen
nach Absatz 1 erfüllt sind. Dem Antrag ist eine Kopie aller zur
Begründung dienenden Unterlagen beizufügen. Der Antrag und die
Unterlagen sind bei der Kanzlei einzureichen.
(3) Die ursprüngliche Kammer kann
selbständig beschließen, den Antrag abzuweisen, wenn kein Grund eine
Prüfung rechtfertigt. Ist es nicht möglich, die ursprüngliche Kammer
zusammenzusetzen, so bildet oder ergänzt der Präsident des
Gerichtshofs die Kammer durch das Los.
(4) Weist die Kammer den Antrag
nicht ab, so übermittelt ihn der Kanzler den anderen betroffenen
Parteien und gibt ihnen Gelegenheit, innerhalb der vom
Kammerpräsidenten bestimmten Frist schriftlich Stellung zu nehmen.
Der Kammerpräsident bestimmt auch den Termin der mündlichen
Verhandlung, wenn die Kammer beschließt, eine solche durchzuführen.
Die Kammer entscheidet durch Urteil.
Artikel 81: Berichtigung von
Fehlern in Entscheidungen und Urteilen
Unbeschadet der Bestimmungen über
die Wiederaufnahme des Verfahrens und die Wiedereintragung von
Beschwerden im Register kann der Gerichtshof Schreib- oder
Rechenfehler sowie offensichtliche Unrichtigkeiten von Amts wegen
oder wenn eine Partei dies innerhalb eines Monats nach Verkündung
der Entscheidung oder des Urteils beantragt, korrigieren.
Kapitel IX
Gutachten
Artikel 82
Im Verfahren zur Erstattung von
Gutachten wendet der Gerichtshof neben den Artikeln 47, 48 und 49
der Konvention die folgenden Bestimmungen an. Er wendet ferner die
übrigen Bestimmungen dieser Verfahrensordnung an, soweit er dies für
angebracht hält.
Artikel 83
Der Antrag auf Erstattung eines
Gutachtens ist beim Kanzler einzureichen. Er muss die Frage, zu der
das Gutachten des Gerichtshofs angefordert wird, vollständig und
genau bezeichnen; ferner sind anzugeben
a) der Tag, an dem das
Ministerkomitee den Beschluss nach Artikel 47 Absatz 3 der
Konvention gefasst hat;
b) Name und Adresse der Personen,
die vom Ministerkomitee benannt worden sind, um dem Gerichtshof alle
benötigten Erläuterungen zu geben. Dem Antrag sind alle Unterlagen
beizufügen, die zur Klärung der Frage dienen können.
Artikel 84
(1) Nach Eingang des Antrags
übermittelt der Kanzler allen Mitgliedern des Gerichtshofs eine
Kopie des Antrags sowie der beigefügten Unterlagen.
(2) Er teilt den Vertragsparteien
mit, dass sie zu dem Antrag schriftlich Stellung nehmen können.
Artikel 85
(1) Der Präsident des Gerichtshofs
bestimmt die Fristen für die Einreichung der schriftlichen
Stellungnahmen oder sonstigen Unterlagen.
(2) Die schriftlichen
Stellungnahmen oder sonstigen Unterlagen sind beim Kanzler
einzureichen. Der Kanzler übermittelt allen Mitgliedern des
Gerichtshofs, dem Ministerkomitee und jeder Vertragspartei eine
Kopie.
Artikel 86
Nach Abschluss des schriftlichen
Verfahrens entscheidet der Präsident des Gerichtshofs, ob den
Vertragsparteien, die schriftlich Stellung genommen haben,
Gelegenheit gegeben werden soll, ihre Stellungnahmen in einer zu
diesem Zweck anberaumten mündlichen Verhandlung zu erläutern.
Artikel 87
(1) Für die Behandlung des Antrags
auf Erstattung eines Gutachtens wird eine Große Kammer gebildet.
(2) Ist die Große Kammer der
Auffassung, dass der Antrag nicht in ihre Zuständigkeit nach Artikel
47 der Konvention fällt, so stellt sie dies in einer begründeten
Entscheidung fest.
Artikel 88
(1) Begründete Entscheidungen und
Gutachten werden von der Großen Kammer mit Stimmenmehrheit
beschlossen. Die Zahl der Richter, welche die Mehrheit gebildet
haben, ist darin anzugeben.
(2) Jeder Richter kann, wenn er
dies wünscht, der begründeten Entscheidung oder dem Gutachten des
Gerichtshofs entweder eine Darlegung seiner zustimmenden oder
abweichenden persönlichen Meinung oder die bloße Feststellung seines
abweichenden Votums beifügen.
Artikel 89
Die begründete Entscheidung oder
das Gutachten kann in öffentlicher Sitzung vom Präsidenten der
Großen Kammer oder von einem von ihm beauftragten anderen Richter in
einer der beiden Amtssprachen verlesen werden, nachdem das
Ministerkomitee und alle Vertragsparteien benachrichtigt worden
sind. Andernfalls gilt die Übermittlung nach Artikel 90 als
Verkündung des Gutachtens oder der begründeten Entscheidung.
Artikel 90
Das Gutachten oder jede begründete
Entscheidung wird vom Präsidenten der Großen Kammer und vom Kanzler
unterzeichnet. Die ordnungsgemäß unterzeichnete und gesiegelte
Urschrift wird im Archiv des Gerichtshofs verwahrt. Der Kanzler
übermittelt dem Ministerkomitee, den Vertragsparteien und dem
Generalsekretär des Europarats eine beglaubigte Kopie.
Kapitel X
Verfahrenshilfe
Artikel 91
(1) Der Kammerpräsident kann einem
Beschwerdeführer, der eine Beschwerde nach Artikel 34 der Konvention
erhoben hat, auf dessen Antrag oder von Amts wegen für die
Verfolgung seiner Sache Verfahrenshilfe bewilligen, nachdem die
beschwerdegegnerische Vertragspartei nach Artikel 54 Absatz 2
Buchstabe b dieser Verfahrensordnung zur Zulässigkeit der Beschwerde
Stellung genommen hat oder die Frist hierfür abgelaufen ist.
(2) Wird einem Beschwerdeführer für
die Verfolgung seiner Sache vor der Kammer Verfahrenshilfe
bewilligt, so gilt die Bewilligung vorbehaltlich des Artikels 96 im
Verfahren vor der Großen Kammer weiter.
Artikel 92
Verfahrenshilfe kann nur bewilligt
werden, wenn der Kammerpräsident feststellt,
a) dass die Bewilligung dieser
Hilfe für die ordnungsgemäße Prüfung der Rechtssache vor der Kammer
notwendig ist;
b) dass der Beschwerdeführer nicht
über ausreichende finanzielle Mittel verfügt, um die anfallenden
Kosten ganz oder teilweise zu begleichen.
Artikel 93
(1) Um festzustellen, ob der
Beschwerdeführer über ausreichende finanzielle Mittel verfügt, um
die anfallenden Kosten ganz oder teilweise zu begleichen, wird er
aufgefordert, ein Erklärungsformular auszufüllen, aus dem sein
Einkommen, sein Kapitalvermögen und seine finanziellen
Verpflichtungen gegenüber Unterhaltsberechtigten sowie alle
sonstigen finanziellen Verpflichtungen hervorgehen. Diese Erklärung
muss von der oder den zuständigen innerstaatlichen Behörde(n)
bestätigt sein.
(2) Der Kammerpräsident kann die
betroffene Vertragspartei auffordern, schriftlich Stellung zu nehmen
(in Deutschland und in der Schweiz: Prozesskostenhilfe).
(3) Nach Eingang der im Absatz 1
genannten Unterlagen entscheidet der Kammerpräsident, ob
Verfahrenshilfe bewilligt oder abgelehnt wird. Der Kanzler
informiert die betroffenen Parteien.
Artikel 94
(1) Honorare dürfen nur einem
Rechtsbeistand oder einer anderen nach Artikel 36 Absatz 4
bestellten Person gezahlt werden. Gegebenenfalls können auch
mehreren Vertretern Honorare gezahlt werden.
(2) Die Verfahrenshilfe kann außer
den Honoraren auch die Fahrt- und Aufenthaltskosten sowie andere
notwendige Auslagen umfassen, die dem Beschwerdeführer oder der zu
seinem Vertreter bestellten Person entstehen.
Artikel 95
Nach Bewilligung der
Verfahrenshilfe bestimmt der Kanzler
a) die Höhe der Honorare
entsprechend den geltenden Tarifen;
b) den Betrag der zu zahlenden
Kosten.
Artikel 96
Der Kammerpräsident kann die
Bewilligung der Verfahrenshilfe jederzeit rückgängig machen oder
ändern, wenn er feststellt, dass die Voraussetzungen nach Artikel 92
nicht mehr erfüllt sind.
Titel III
Übergangsbestimmungen
(Artikel 97 und 98: aufgehoben)
Artikel 99: Verhältnis zwischen
Gerichtshof und Kommission
(1) In Rechtssachen, die dem
Gerichtshof nach Artikel 5 Absätze 4 und 5 des Protokolls Nr. 11 zur
Konvention vorgelegt werden, kann der Gerichtshof die Kommission
bitten, eines oder mehrere ihrer Mitglieder für die Teilnahme an der
Prüfung der Rechtssache vor dem Gerichtshof zu entsenden.
(2) In Rechtssachen nach Absatz 1
berücksichtigt der Gerichtshof den von der Kommission nach dem
früheren Artikel 31 der Konvention angenommenen Bericht.
(3) Wenn der Kammerpräsident nichts
anderes bestimmt, sorgt der Kanzler so bald wie möglich nach der
Anrufung des Gerichtshofs für die Veröffentlichung des Berichts.
(4) Im Übrigen bleibt in
Rechtssachen, die dem Gerichtshof nach Artikel 5 Absätze 2 bis 5 des
Protokolls Nr. 11 vorliegen, die Verfahrensakte der Kommission,
einschließlich aller Schriftsätze und Stellungnahmen, vertraulich,
wenn der Kammerpräsident nichts anderes bestimmt.
(5) In Rechtssachen, in denen die
Kommission Beweise erhoben hat, aber nicht in der Lage war, einen
Bericht nach dem früheren Artikel 31 der Konvention anzunehmen,
berücksichtigt der Gerichtshof die Protokolle und Unterlagen sowie
die Meinungen, welche die Kommissionsbeauftragten im Anschluss an
die Beweiserhebung geäußert haben.
Artikel 100: Verfahren vor einer
Kammer und der Großen Kammer
(1) Wird eine Rechtssache dem
Gerichtshof nach Artikel 5 Absatz 4 des Protokolls Nr. 11 zur
Konvention vorgelegt, so entscheidet ein nach Artikel 24 Absatz 611
dieser Verfahrensordnung gebildeter Ausschuss der Großen Kammer, ob
der Fall von einer Kammer oder von der Großen Kammer geprüft wird;
der Ausschuss entscheidet ausschließlich auf der Grundlage der
Akten.
(2) Wird die Rechtssache von einer
Kammer entschieden, so ist ihr Urteil nach Artikel 5 Absatz 4 des
Protokolls Nr. 11 endgültig, und Artikel 73 dieser Verfahrensordnung
findet keine Anwendung.
(3) Rechtssachen, die dem
Gerichtshof nach Artikel 5 Absatz 5 des Protokolls Nr. 11 übertragen
sind, werden der Großen Kammer vom Präsidenten des Gerichtshofs
vorgelegt.
(4) Bei jeder Rechtssache, die der
Großen Kammer nach Artikel 5 Absatz 5 des Protokolls Nr. 11
vorliegt, wird die Große Kammer durch Richter einer der in Artikel
24 Absatz 3 dieser Verfahrensordnung bezeichneten Gruppen ergänzt,
die im Rotationsverfahren bestimmt werden; beide Gruppen werden
abwechselnd herangezogen.
Artikel 101: Bewilligung der
Verfahrenshilfe
Ist einem Beschwerdeführer in
Rechtssachen, die dem Gerichtshof nach Artikel 5 Absätze 2 bis 5 des
Protokolls Nr. 11 zur Konvention vorliegen, im Verfahren vor der
Kommission oder dem früheren Gerichtshof Verfahrenshilfe bewilligt
worden, so gilt die Bewilligung im Verfahren vor dem Gerichtshof
weiter; Artikel 96 dieser Verfahrensordnung bleibt vorbehalten.
Artikel 102: Antrag auf
Wiederaufnahme des Verfahrens
(1) Anträge einer Partei auf
Wiederaufnahme eines Verfahrens des früheren Gerichtshofs werden vom
Präsidenten des Gerichtshofs je nach Fall nach Artikel 51 oder 52
einer Sektion zugewiesen.
(2) Ungeachtet des Artikels 80
Absatz 3 bildet der Präsident der betroffenen Sektion für die
Behandlung des Antrags eine neue Kammer.
(3) Dieser Kammer gehören von Amts
wegen folgende Mitglieder an:
a) der Sektionspräsident sowie,
unabhängig davon, ob sie der betroffenen Sektion angehören,
b) der für die betroffene
Vertragspartei gewählte Richter oder, wenn dieser verhindert ist,
ein Richter, der nach Artikel 29 benannt wird;
c) die Mitglieder des Gerichtshofs,
die der ursprünglichen Kammer des früheren Gerichtshofs, die das
Urteil gefällt hat, angehört haben.
(4)
a) Der Sektionspräsident bestimmt
die übrigen Mitglieder der Kammer aus dem Kreis der Mitglieder der
betroffenen Sektion durch das Los.
b) Die Mitglieder der Sektion, die
nicht auf diese Weise bestimmt wurden, tagen als Ersatzrichter.
Titel IV
Schlussbestimmungen
Artikel 103: Änderung oder
Aussetzung der Anwendung von Bestimmungen
(1) Änderungen von Bestimmungen
dieser Verfahrensordnung können von der Mehrheit der in
Plenarsitzung tagenden Richter auf vorherigen Vorschlag hin
angenommen werden. Der schriftliche Änderungsvorschlag muss dem
Kanzler spätestens einen Monat vor der Sitzung zugehen, in der er
geprüft werden soll. Erhält der Kanzler einen solchen Vorschlag, so
setzt er so bald wie möglich alle Mitglieder des Gerichtshofs davon
in Kenntnis.
(2) Die Anwendung von Bestimmungen,
welche die interne Arbeitsweise des Gerichtshofs betreffen, kann auf
Vorschlag eines Richters sofort ausgesetzt werden, vorausgesetzt,
dass die betroffene Kammer den Vorschlag einstimmig annimmt. Die
Aussetzung ist nur für den konkreten Fall wirksam, für den sie
vorgeschlagen wurde.
Artikel 104: Inkrafttreten der
Verfahrensordnung
Diese Verfahrensordnung tritt am 1
November 1998 in Kraft.
Die am 8. Dezember 2000
angenommenen Änderungen sind sofort in Kraft getreten. Die am 17.
Juni und 8. Juli 2002 angenommenen Änderungen sind am 1. Oktober
2002 in Kraft getreten. Die am 7. Juli 2003 angenommenen Änderungen
sind am 1. November 2003 in Kraft getreten. Die am 13. Dezember 2004
angenommenen Änderungen sind am 1. März 2005 in Kraft getreten. Die
am 4. Juli 2005 angenommenen Änderungen sind am 3. Oktober 2005 in
Kraft getreten. Die am 7. November 2005 angenommenen Änderungen sind
am 1. Dezember 2005 in Kraft getreten. Die am 29. Mai 2006
angenommenen Änderungen sind am 1. Juli 2006 in Kraft getreten.
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Richtigkeit, Vollständigkeit und Aktualität !
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