Art. 2 des 1. ZP zur EMRK  -   Recht auf Bildung


Das Recht auf Bildung darf niemandem verwehrt werden. Der Staat hat bei Ausübung der von ihm auf dem Gebiete der Erziehung und des Unterrichts übernommenen Aufgaben das Recht der Eltern zu achten, die Erziehung und den Unterricht entsprechend ihren eigenen religiösen und weltanschaulichen Überzeugungen sicherzustellen.
 

Rechtsprechung des EGMR zu diesem Konventionsrecht:

Hasan und Zengin gegen die Türkei; Urteil vom 9.10.2007; BeschwNr. 1.448/04

Der Erstbeschwerdeführer ist der Vater der 1988 geborenen Zweitbeschwerdeführerin, die eine staatliche Schule in Istanbul besuchte. Sie sind Aleviten, der am weitesten verbreiteten Religion in der Türkei nach dem sunnitischen Islam. Der Antrag auf Befreiung von der Teilnahme am Religionsunterricht wurde abgewiesen.

Die Verweigerung der Befreiung vom Religionsunterricht stellt eine Verletzung dieses Konventionsrechts dar.

Eine gesonderte Prüfung der Verletzung des Art. 9 EMRK ist daher nicht mehr nötig.

(zitierte Urteil des EGMR: Folgero (Große Kammer) gegen Norwegen vom 29.6.2007; Campbell gegen England vom 25.2.1982, A-48; Valsamis gegen Griechenland vom 18.12.1996; Buscarini (Große Kammer) vom 18.2.1999; Sahin (Große Kammer) gegen die Türkei vom 10.11.2005 sowie Kjeldsen u.a. gegen Dänemark vom 7.12.1996, A-23).

 

D.H. u.a. gegen Tschechien; Urteil vom 13.11.2007; BeschwNr. 57.325/00

Die Beschwerdeführer sind 18 Roma, welche in Tschechien geboren und aufgewachsen sind. Sie beschweren sich, dass sie in spezielle Schulen für Kinder mit Lernschwierigkeiten gesteckt wurden, während die Kinder der überwiegenden Volksgruppe in die Normalschulden gehen.

Mit 13 : 4 Stimmen hat die Grosse Kammer des EGMR eine Verletzung des Art. 14 (Diskriminierung)  iVm Art. 2 des 1. ZP (Recht auf Erziehung) festgestellt.

 

Kervanci + Dogru - Frankreich; Urteil vom 4.12.2008; BeschwNrn. 31.645/04 und 27.058/05

Keine Verletzung des Art. 9 EMRK (einstimmig) durch den Ausschluss vom Turnunterricht wegen Tragens eines Kopftuchs.

Dieser Eingriff in da Recht auf Religionsfreiheit war gesetzlich vorgesehen, verfolgte ein legitimes Ziel (Schutz der öffentlichen Ordnung sowie der Rechte und Freiheiten anderer) und war in einer demokratischen Gesellschaft auch notwendig (verhältnismäßig), diese Verbot war allein auf den Turnunterricht beschränkt. Der Ausschluss von der Schule durch das Schülerdisziplinarkomitee war als Sanktion (Strafe) nicht unangemessen; staatlicher Ermessensspielraum.

Bei diesem Ergebnis muss die Frage der Verletzung des Art. 2 des 1. ZP zur EMRK (Recht auf Bildung) nicht mehr geprüft werden.

 

Ratifikationsstand:   bis 28.12.2011 haben 45 Mitgliedstaaten des Europarates das 1. ZP zur EMRK ratifiziert; es fehlt Monaco und die Schweiz !

e m r k . a t