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Artikel 1  –  Allgemeines Diskriminierungsverbot  (12. ZP  - Zusatzprotokoll zur EMRK)

 

Abs.1:  Der Genuss eines jeden gesetzlich niedergelegten Rechtes ist ohne Diskriminierung insbesondere wegen des Geschlechts, der Rasse, der Hautfarbe, der Sprache, der Religion, der politischen oder sonstigen Anschauung, der nationalen oder sozialen Herkunft, der Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit, des Vermögens, der Geburt oder eines sonstigen Status zu gewährleisten.

Abs.2:  Niemand darf von einer Behörde diskriminiert werden, insbesondere nicht aus einem der in Absatz 1 genannten Gründe.

Rom, am 4.November 2000

 

Das 12. ZP zur EMRK ist am 1.4.2005 mit der Hinterlegung von 10 Ratifizierungsurkunden folgender Mitgliedstaaten des Europarates (Albanien, Armenien, Bosnien-Herzegowina, Finnland, Georgien, Kroatien, Mazedonien, Holland, San Marino, Serbien und Zypern) in Kraft getreten.

Deren zentrale Bestimmung ist der allgemeine Gleichheitssatz.

Diskriminierungsverbot hinsichtlich jener Gründe, welche in Art. 14 EMRK genannt sind.

Warum war dieses Protokoll nötig ?

Der grundlegende Unterschied zwischen diesem Zusatzprotokoll und Art. 14 EMRK liegt darin, dass dieses die so genannten Akzessorietät nicht verlangt, das heißt, die Verletzung eines Konventionsrechtes ist keine Voraussetzung für die Anwendbarkeit des Diskriminierungsverbots.

Damit wird der Anwendungsbereich des Diskriminierungsverbots erheblich erweitert.

Darin liegt aber gleichzeitig das Problem dieses neuen Menschenrechts, was zu einer besonderen Zurückhaltung der Mitgliedstaaten bei der Ratifizierung (Stand: siehe unten) führt. Der EGRM erhält damit nach der herrschenden Meinung eine Funktion, wie sie den nationalen Verfassungsgerichten zukommt.

Das Problem der Drittwirkung des Rechts ist ebenfalls unklar, wenngleich die erläuternden Bemerkungen festhalten, dass die Mitgliedstaaten nicht verpflichtet werden, Gesetze zu erlassen, welche auch zwischen Privaten jeder Art der Diskriminierung verbieten.

Die Vertragsstaaten befürchten zum Beispiel, dass der EGMR im Hinblick auf seine Rechtsprechung zu den positiven (Schutz)Pflichten diesen Erläuternden Bemerkungen nicht folgen könnte.

Darunter versteht die Rechtsprechung die staatliche Pflicht, Verletzungen Privater von Rechtspositionen Dritter (Grundrechtsberechtigter) zu vermeiden (vgl. etwa Art. 1 und 2 EMRK).

Österreich, Deutschland, die Schweiz und Liechtenstein haben das 12. ZP noch nicht ratifiziert !

E M R K 12. Zusatzprotokoll
Diskriminierungsverbot RA Dr. Postlmayr

Ratifikationsstand:  bis 28.12.2011 haben 18 Mitgliedstaaten des Europarates das 12. ZP ratifiziert

 

Sejdic + Finci - Bosnien-Herzegowina; Urteil der Großen Kammer vom 22.12.2009; BeschwNrn. 27.996/06 + 34.836/06

Ausschluss eines Roma und Juden von der Wahl zur parlamentarischen Versammlung und zum Präsidentenamt

Verletzung des Art. 14 EMRK iVm Art. 3 des 1. ZP zur EMRK (14 : 3 Stimmen)

Verletzung des Art. 1 des 12. ZP zur EMRK (16 : 1 Stimmen)

 

vgl. auch Art. 14 Abs.1 erster Satz IPbpR:  alle Menschen sind vor Gericht gleich.

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