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Art. 1 des 1. Zusatzprotokolls zur EMRK  -  Schutz des Eigentums

Abs.1: Jede natürliche oder juristische Person hat ein Recht auf Achtung ihres Eigentums. Niemandem darf sein Eigentum entzogen werden, es sei denn, dass das öffentliche Interesse es verlangt, und nur unter den durch Gesetz und durch die allgemeinen Grundsätze des Völkerrechts vorgesehenen Bedingungen.

Abs.2: Die vorstehenden Bestimmungen beeinträchtigen jedoch in keiner Weise das Recht des Staates, diejenigen Gesetze anzuwenden, die er für die Regelung der Benutzung des Eigentums in Übereinstimmung mit dem Allgemeininteresse oder zur Sicherung der Zahlung der Steuern, sonstiger Abgaben oder von Geldstrafen für erforderlich hält.

 

Die neuere Rechtsprechung des EGMR zu diesem Recht:

Kalinova gegen Bulgarien; Urteil vom 8.11.2007

BeschwNr. 45.116/98 - Verletzung des Art.1 des 1. ZP zur EMRK

Die bulgarischen Behörden haben es unterlassen, klare Abgrenzung zwischen den verschiedenen Sachverhalten vorzunehmen, was zu einer Situation der Rechtsunsicherheit geführt hat.

 

Carson gegen das Vereinigte Königreich; Urteil vom 4.11.2008; BeschwNr. 42.184/05

Benachteiligung von Pensionisten, welche im Ausland leben.

Nur auf bestehendes Eigentum anwendbar, kein Recht auf Eigentumserwerb, daher nach Art. 1 des 1. ZP zur EMRK kein Rechtsanspruch auf Sozialhilfe oder Pensionszahlung, wenn das innerstaatliche Recht einen solchen Anspruch nicht vorsieht.

(zitierte Entscheidungen: J.W. und E.W. vom 3.10.1983, Stec vom 6.7.2005, Burden vom 29.4.2008 (GK)).

Die Frage der Verletzung des Art. 8 (iVm Art. 14) EMRK wird nicht mehr geprüft, das festgestellt wurde, dass kein unzulässiger Eingriff in das Eigentumsrecht nach Art. 1 des 1. ZP zur EMRK vorliegt.

 

Runkee und White gegen UK; Urteil vom 10.5.2007;

BeschwNr. 42.949/98 und 53.134/99

Witwenpension und Witwengeld – geschlechterspezifische Ungleichbehandlung ?

Keine Verletzung betreffend Vorenthaltung der Witwenpension, Verletzung betreffend Witwergeld (jeweils iVm Art. 1 Abs.1 des 1. ZP).

Es ist nicht unsachlich, wenn der englische Gesetzgeber die Reform langsam einführte, indem er die Rechte jener Frauen unberührt ließ, welche vor 2001 verwitwet sind.

Wie der GH bereits im Fall Willis – UK ausgeführt hat, verstößt die Verweigerung von Witwengeld an einen Witwer gegen Art. 1 des 1. ZP iVm Art. 14 EMRK. Diese einmalige Zahlung ist dafür gedacht, die beim Tod des Ehegatten anfallenden Auslagen (zum Teil) abzudecken.

Keine Notwendigkeit, die Beschwerde auch im Hinblick auf die Verletzung des Art. 14 iVm Art. 8 EMRK zu prüfen.

 

Debelianovi gegen Bulgarien; Urteil vom 29.3.2007

BeschwNr. 61.951/00; trotz gerichtlichem Zuspruch wurde den Beschwerdeführern die Rückgabe eines Gebäudes verweigert, welches als nationales Kulturgut eingestuft wurde – Verletzung des Art. 1 des 1. ZP zur EMRK.

 

Scordino (Nr. 3) gegen Italien; Urteil vom 6.3.2007; BeschwNr.  43.662/98

Enteignung – angemessene Entschädigung;  „mittelbare Enteignung“

Das Zivilgericht stellte zwar ein titellose, unrechtmäßige  Enteignung fest. Da das Grundstück aber mittlerweile bebaut wurde, ist dieses in einer irreversiblen Weise verändert worden, weswegen das Eigentum seither auf die Behörde über gegangen ist, eine Rückerstattung sei deshalb nicht mehr möglich. Wert des Grundstücks laut Gutachten ITL 480 Mio, aufgrund des Gesetzes aus 1996 (Obergrenze für die Entschädigung) können aber nur ITL 264 Mio erstattet werden. Zuspruch dieses Betrages, Abweisung der Rechtsmittel. Verletzung dieses Rechtes (einstimmig). Die Entscheidung zur gerechten Entschädigung bleibt vorbehalten. Zu Art. 46 EMRK (Verpflichtung der Beachtung der EGMR-Urteile): dieser Fall weist auf einen Mangel im italienischen Rechtssystem hin, weswegen de EGMR in vorangegangenen Fällen Kriterien betreffend eine gerechte Entschädigung nach Art. 41 herausgearbeitet hat. Seither ist es aber zahlreichen weiteren gleich gelagerten Beschwerde gegen Italien gekommen, was nicht nur erschwerend ist sondern eine Bedrohung der Effektivität des Beschwerdesystems darstellt. Es ist zwar nicht Aufgabe des EGRM den Mitgliedstaaten Maßnahmen aufzutragen, wie sie ihrer Verpflichtung zur Beachtung der EGMR-Urteile nachkommen, hier ist es aber angebracht, Italien Wege aufzuzeigen, wie dieser Situation ein Ende gemacht werden kann. Es ist erforderlich, dass Italien Regelungen erlässt, welche eine illegale Enteignung unmöglich machen; die Enteignung muss gesetzlichen Regeln folgen und angemessen entschädigt werden (vgl. Fall Scordino Nr.1 gegen Italien – Urteil der Großen Kammer). Die Entschädigung hat dem Wert des Grundstücks in natura zu entsprechen.  Zu Art. 41 EMRK (gerechte Entschädigung): Eine Rückübereignung des Grundstück samt den mittlerweile darauf errichteten Gebäuden würde eine entsprechende Wiedergutmachung bedeuten und die behaupteten Vermögensverluste ausgleichen. Ist dies nicht möglich, ist nicht der Wert zum Enteignungszeitpunkt anzusetzen sondern der aktuelle Marktwert von €  1,3 Mio abzüglich der damals ausbezahlten Entschädigung vom €  436.000,--.  Dem sind die Kosten der Errichtung der Gebäude hinzuzurechnen als Entschädigung für alle Vermögensverluste. Zuspruch von €  3,3 Mio für materiellen Schaden, €  40.000,-- für immateriellem Schaden und € 30.000 für Kosten und Auslagen (einstimmig). Vgl. dazu auch folgende Judikatur: Papamichalopoulos gegen Griechenland, Urteil des EGRM vom 31.10.1995, A-330-B; Beledere Alberghiera S.r.l. gegen Italien; Urteil des EGRM vom 30.5.2000; Carbonara und Ventura gegen Italien, Urteil des EGMR vom 30..2000; König von Griechenland gegen Griechenland, Urteil des EGMR vom 28.11.2002; Scordino (Nr.1) gegen Italien, Urteil des EGMR vom 17.5.2005.

 

Eskelinen gegen Finnland; Urteil der Großen Kammer vom 19.4.2007;

BeschwNr. 63.235/00 – Anwendung des Art. 6 EMRK im öffentlichen Dienst.

Keine Verletzung des Art. 1 des 1. ZP zur EMRK (allein oder auch iVm Art. 14 EMRK, weil die Konvention kein Recht auf ein Gehalt in einer bestimmten Höhe vorsieht (einstimmig).

 

Anheuser-Busch Inc. gegen Portugal; Urteil (Große Kammer) vom 11.1.2007; BeschwNr. 73.049/01 – Schutz einer Handelsmarke – Biermarke „Budweiser“

Der Beschwerdeführer hatte vor den Gerichten ausreichend Gelegenheit, seine Sicht betreffend die Auslegung des Lissaboner Abkommens vom 31.10.1958 zum Schutz von Herkunftsbezeichnungen darzulegen. Das portugiesische Höchstgericht traf seine Entscheidung nach entsprechender Auseinandersetzung mit dem beiderseitigen Vorbringen und har das gesamte Aktenmaterial berücksichtigt. Keine Verletzung (15:2 Stimmen).

 

Ismayilov - Russland; Urteil vom 6.11.2008; BeschwNr. 30.352/03

Sechs Monate Freiheitsstrafe wegen Devisenschmuggels.

Beschlagnahme eines Geldbetrags, welcher aus einem legalen Grundstücksverkauf stammt - Verletzung dieses Konventionsrechts,

 

Viasu gegen Rumänien; Urteil vom 9.12.2008, BeschwNr. 75.591/01

Untauglichkeit und Unangemessenheit der rumänischen Restitutionsbestimmungen

Verletzung des Art. 1 des 1. ZP zur EMRK  sowie Zuspruch für materiellen und immateriellen Schaden von € 115.000,-- (jeweils einstimmig).

Bis heute keine Rückgabe des 1962 enteigneten Grundes sowie keine Entschädigung.

Exzessive und ineffektive gesetzgeberische Tätigkeit.

Der GH zeigt iSd Art. 46 EMRK Lösungswege auf, weil sich seit dem Urteil der Großen Kammer im Fall Brumarescu vom 28.10.1999 nichts Entscheidendes geändert hat.

 

Fakiridou + Schina gegen Griechenland; Urteil vom 14.11.2008; BeschwNr. 6.789/06

Wesentlich verspätete Zahlung einer bereits im Jahr 1979 zugesprochenen Entschädigung für Grundstücksenteignung.

Verletzung des Art. 1 des 1. ZP zur EMRK. 

 

Haupt - Österreich; Zulässigkeitsentscheidung vom 2.5.2017, BeschwNr. 55.537/10

Antrag des Bf auf Entschädigung nach § 6 MedienG und § 115 StGB gegen ATV wegen des Ausdruck "braune Ratten"

Nach Einbringung der Beschwerde beim EGMR und deren Zustellung an Österreich hat die GenProk an den OGH einen Antrag auf

außerordentliche Wiederaufnahme nach § 362 StPO gestellt, der in Stattgabe dieses Antrages die Angelegenheit an das Straflandesgericht Wien zurückverwiesen hat.

In der Folge kam es zu Abweisung des Entschädigungsantrags.

Auch wenn das LG für Strafsachen Wien ihm ersten Urteil vom 17.5.2004 eine Entschädigung zugesprochen hatte, bestand kein diesbezüglicher unbestrittener Anspruch.

Der Bf musste sich bewusst sein, dass die von der Gegenseite eingebrachte Beschwerde an den EGMR nach österreichischem Recht Einfluss auf den Anspruch haben konnte.

Es bestand eine Rechtsgrundlage und ein ausreichender Grund für die ao. Wiederaufnahme des Strafprozesses - die schlussendlich erfolgte Abweisung des Entschädigungs-

antrags ist daher nicht unverhältnismäßig. Keine Verletzung des Art.1 des 1. ZP zur EMRK.

 

 

E M R K Art. 1 des 1. ZP
Eigentumsrecht RA Dr. Postlmayr

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